Ruf des Feuers

Iyrawen
3. April 2008 • Kommentare: 0

Der Fürst träumt also vom Feuer. Das jedenfalls erzählte er mir, als wir uns sprachen.

Es war seit meiner Ankunft das erste Gespräch unter vier Augen. Ich weiß nicht genau, ob er mir die Schuld daran gibt, dass er nachts nur noch Flammen sieht. Es wirkte so. Ich erzählte ihm etwas von dem, was ich über das Feuer lernte, einen kleinen Teil jedenfalls. Auch ein Fürst muss nicht alles wissen. Schon gar nicht ein Fürst, den ich so wenig einschätzen  kann. Gespräche mit ihm sind wie eine Wanderung durch das Moor. Man weiß nie, ob man sich noch auf festem Boden befindet oder schon auf schwankendem Grund. Sein Bein ließ er von einem Elben behandeln. Ich glaube wirklich, er traut mir nicht. Vielleicht hat er damit auch gar nicht so Unrecht. Aber auf Dauer wird das nicht gehen. Dann werde ich weiterziehen, dem Ruf des Feuers folgen. Es wäre nicht das erste Mal.

Jedenfalls scheint er entschlossen, der Baroness den Hof zu machen. Ich war anwesend, als er ihr zwei  – nunja, Sonnenblumen überreichte. Wie auch immer, es schien ihm nicht sonderlich wichtig, diesen Moment allein mit ihr zu verbringen. Selbst ein vor Tagen erkalteter Kamin  strahlt mehr Hitze aus als dieses Paar. Und Ellena…Sie wirkt stets so gefasst, so ruhig, immer bereit, alles auf sich zu nehmen, was man ihr vorgibt. Hat diese Frau je rebelliert, je die Fäuste geschüttelt, einmal nur lauthals ihren Willen verkündet? Wahrscheinlich nicht. Wenn ein Feuer nicht genug Luft bekommt, verlischt es langsam.

Ich traf auch Sanguisa erneut und behandelte ihren Schlangenbiss, soweit das eben möglich war. Ich bewundere ihre Entschlossenheit, sich nicht einfach aus dem davonzustehlen, was wir Menschen Leben nennen. Da hat sie dem ein oder anderen in diesem Haushalt, der sich selbst einen Kämpfer nennt, viel voraus. Sehr viel.

Und dann ist da noch dieses Barghestweib. Ein struppiges, mageres Ding, das zähnefletschend und augenrollend um den Wolf herumscharwenzelt und stumpf ihre Vorliebe für Blut und Tod zum Ausdruck bringt. Ihm scheint es zu gefallen. Bitte sehr, sollen sie doch gemeinsam auf die Jagd gehen. Was kümmert es mich. Ich bin bloß die Medica, dafür da, den ein oder anderen Narren in diesem Haushalt davon abzuhalten, vom Giftbecher zu kosten und dem Tod dabei zu tief ins kalte Antlitz zu schauen.

Meine Vergangenheit liegt im Feuer. Meine Zukunft wohl ebenso. Das Dazwischen liegt im Dunkeln.

Vielleicht will ich auch einfach nur nicht sehen.  

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