Vom Wind getrieben, schwamm die weiße Wasserlilie in dem steinernen Teich ziellos umher. Unfähig sich den Kräften des Windes zu widersetzen, zog sie ihre rastlosen Bahnen durch das Wasser. Hier und da eckte sie an andere Pflanzen an, ohne jedoch einen Halt zu finden, welcher sie dem Wind entrissen hätte. Libellen und andere Insekten nutzen die treibende Blume ab und an als Ort zum Rasten, oder labten sich an ihrer Blüte, flogen dann jedoch weiter und ließen sie zurück, damit sie alleine ihre Bahnen ziehen konnte, welche eine unsichtbare Hand für sie schuf.
„Bist du da?“
„Natürlich bin ich da, ich bin immer da. Das weißt du doch.“
„Du hast ja recht, ich wollte nur fragen, nicht das ich dich störe.“
„Bitte, du störst mich nie. Also, was hast du zu erzählen?“
„Die vergangenen Tage war meine Herrin auf Reisen, welche sie nur alleine tun kann, aber ich habe ein wenig mit den anderen Mitgliedern des Hauses gesprochen.“
„Du hast dich wirklich getraut, mit jemandem zu sprechen?“
„Ja. Außerdem bedeutet die Abwesenheit der Baroness ja nicht, dass ich von meinen Pflichten und Diensten dem Haus gegenüber entbunden bin, oder?“
„Nein, natürlich nicht. Erzähl mir ein wenig, was ist den geschehen?“
„Eigentlich nicht viel, ab und an stand ich bereit wenn sich die Mitglieder des Hauses versammelten. Es scheint vieles zu geben, was unter der Oberfläche eines guten Hauses verborgen ist.“
„Geheime Liebschaften, Intrigen und Leichen im Keller? Das klingt spannend.“
„Ich hoffe doch, dass es keine Leichen gibt und wenn, dann hat die Totengräberin sich sicher gut um sie gekümmert. Allerdings scheint es einiges zu geben, was die Menschen hier bedrückt. Ich hatte da ein Gespräch mit einem Mann namens Rodgar, es war sehr aufschlussreich.“
„Oh, bandelt sich da etwas an?“
„Nein! Was du gleich wieder denkst, außerdem scheint sein Herz schon einer anderen zu gehören. Da will ich nicht zwischen treten, auch wenn sie wohl bereits einen Mann an ihrer Seite hat, der sie wohl aber ungerecht behandelt wie Rodgar sagte. Traurig nicht?“
„Nun ja, Herzeleid ist immer eine schreckliche Sache, auch die unerfüllte Liebe.“
„Wie wahr, zum mal er dieser Frau vieles zu verdanken hat, so wie ich es verstand. Sie hatte ihm viel Gutes zu teil werden lassen. Sie ist so nah, aber doch irgendwie unerreichbar.“
„Wie theatralisch, aber ihr habt doch nicht nur über Herz und Schmerz gesprochen, oder?“
„Nein. Wir kamen auf manches zu sprechen, unter anderem darüber …zwei Gesichter zu haben.“
„Da bin ich aber neugierig.“
„In ihm wohnt ein Wolf, sagt er. Ein Jäger, der zum Vorschein kommt, wenn er seine Arbeit verrichten muss. Eine kalte Wesenheit, welche nur die Jagd und den Tod kennt.“
„Eine gute Differenzierung wenn du mich fragst, so vermeidet man moralische Bedenken wenn man seine Arbeit verrichtet.“
„Ich glaube, so sah er das nicht. Er hatte mir erzählt wie man ihn in einen Wolfsbau steckte, damit er lernt zu überleben. So entstand dieses Wesen, das in ihm haust und lauert. Solcher Zwiespalt muss doch…“
„Sag jetzt nichts unüberlegtes, dir geht es doch kaum anders.“
„Was…“
„Ich passe nicht nur auf dich auf, sondern trage auch Sorge dafür das du an Orten überlebst die du so gerne für deine Abenteuerlust besuchst.“
„Abenteuerlust…ja.“
„Denk nur an Urugarth.“
Das Wasser um die Lilie schien langsam dickflüssiger zu werden, zäh floss es auf einmal wie in einem Fluss, riss die Lilie mit sich und verwandelte sich in einen widerlichen grünen Strom. Der Gestank von Tod und Fäulnis erfüllte die Luft. Gras wurde zu dunklem Stein, der zwischen dem Strom aus grüner Fäule und einem steilen Hang, einen Weg bildete. Der Himmel wurde schwarz, durchsetzt von grünen Schwaden und grellen Blitzen. Urugarth, Angmar.
Wie ein Blitz aus Stahl, raste die Schneide der Axt auf die gepanzerte Frau nieder, welche im letzten Moment ihren breiten Schild hob, so dass die Schneide mit einem grellen Laut aufschlug und Funken versprühte. Wütend brüllte der Uruk ihr seinen Zorn entgegen. Trotz ihrer Größe, überragte der Uruk sie um mindestens einen Kopf. Seine schwarzen Haare klebten in fettigen Strähnen an seinem Gesicht, das von Narben und abstoßenden Symbolen entstellt war. Die breite, entblößte Brust wirkte wie eine Stahlplatte an welche man viel zu muskulöse Arme geschmiedet hatte. Nichts als purer Hass lag in seinem Blick.
Bevor er jedoch seine Axt erneut heben konnte, stieß die Frau sie mit ihrem Schild zur Seite, nutze den Schwung um sich ihm zu nähren und rammte ihren langen, einer Gleve nachempfunden, Speer in den Oberkörper. Aus dem Brüllen wurde ein Röcheln, welches erstarb als sie die Waffe mit einem Ruck aus ihm heraus zog. Das schwarze Blut der Kreatur quoll wie stinkender Schlamm aus der Wunde. Taumelnd bewegte sich der Uruk zurück, Arme und Beine schienen ihm nicht mehr zu gehorchen und seine Brust war vom schwarzen Nass seines Blutes eingefärbt. Nur der Hass in seinen Augen war noch erhalten, selbst als er Rückwärts in den Fluss aus grünem Tod fiel.
„Wir müssen fliehen! Sie haben Verstärkungen gerufen.“ schrie der Hobbit, welcher sich hinter ihr befand. Sie blickte kurz nach hinten, wo die fünf Gefährten standen mit welchen sie aufgebrochen war. Alle schienen die Meinung des Hobbits bereitwillig zu teilen.
„Wir werden nicht fliehen! Wir werden diese Brut in den Tod schicken und nun schweigt und macht euch bereit.“ brüllte sie.
Den Schild gewappnet und den Speer im Anschlag, trat sie vor die kleine Gruppe und ließ ihren Blick den Weg hinauf wandern. Zwei schwer gepanzerte Uruks, breite Schilde und brutale Schwerter tragend, kamen auf sie zu. Gefolgt vom Schatten ihrer Boshaftigkeit. Doch es gab keinen Grund zur Furcht. Es dauerte einige Sekunden, bis ihr aufging das hinter den Uruks kein Schatten lag, sondern ein Gorthorog Troll. Ein Berg aus grauem Fleisch und Muskeln, dem man mächtige Rüstplatten umgelegt und einen Baum als Keule gegeben hatte. Doch es gab keinen Grund zur Furcht.
„Waffenmeister, nehmt den linken Uruk.“ brüllte die Kämpferin „Den anderen beschäftigt mit Magie oder dergleichen, ich werde mir den Troll zur Brust nehmen.“ forschen Schrittes bewegte sie sich nach vorne „Wenn ich ihn drehe, zielt auf den Kopf, Jäger!“ Eine Zeile aus einem uralten Lieb brüllend rannte sie den Feinden entgegen.
Dann war da wieder die Lilie, welche friedlich ihre Bahnen zog.
„Siehst du, ohne mich wärst du dort aufgeschmissen.“
„Du hast ja recht, ich bin dankbar und froh das du mir an solchen Orten beistehst.“
„Oder zu Zeiten, in denen du nicht alleine bestehen kannst. Wie damals, in der Schmiede.“
„Oh, dies war das erste mal wo du mir halfst, auch wenn ich mich manchmal ungern daran erinnere.“
„Ich weiß, dass Heim zu verlieren war hart. Aber die Schwarzwolds bekamen was sie verdienten und wenn du mich fragst, die roten Haare standen dir.“
„Lass und nicht davon reden, das liegt hinter mir.“
„Für wahr, aber mir scheint du hast wirklich eine gute Wahl mit dem Haus getroffen. Man scheint dir dort Vertrauen zu schenken.“
„Findest du?“
„Glaubst du, dieser Rodgar würde dir all dies erzählen, wenn er nicht wüsste das man dir trauen kann.“
„Jetzt wo du es sagst. Sie scheinen mich sogar wahr zu nehmen, die freundliche Frau Lysawyn bot mir sogar neulich Hilfe an.“
„Erfreulich, vielleicht meinen sie es wirklich ernst. Nur sei auf der Hut, nicht das sie DEIN Vertrauen missbrauchen.“
„Ich werde darauf achten, was ich tue. Nur, glaubst du, dass sie vielleicht verstehen könnten, was in mir vorgeht. Rodgar habe ich einiges erzählt, dass ich gerne gehorche. Für ihn war dies befremdlich, aber er schien mich nicht zu verurteilen. Ich will mich ihnen natürlich nicht aufdrängen.“
„Nein, sicher nicht, aber ich glaube du kannst mit ihnen sprechen, lass die Zeit zeigen was da kommt. Überstürze nicht, sonst verlierst du nur wieder alles. Das willst du doch nicht, oder?“
„Nein, nein das will ich nicht.“
„Gut, lass uns rein gehen, Regen zieht auf.“
ooc: wird Zeit, dass die Baroness mal wieder vorbeischaut. Das klingt ja alles sehr spannend 😀