Ich verabschiedete mich von Lysawyn, weil ich müde war. Doch nun sitze ich hier und kann nicht schlafen.
Das Licht einer einzelnen Kerze wirft huschende Schatten an die Wände meiner kleinen Kammer. Und Schatten, so viele Schatten sind es, die sich um Minas Faer zusammen ziehen. Wie könnte es auch anders sein, wenn selbst der Fürst aus freien Stücken zu einem Schatten wird. Was habt ihr getan, Alejandro? Was um alles in der Welt habt ihr getan? Ein Elixier zu trinken, das alle Spuren der Vergangenheit tilgt, jede Narbe, jedes Mal, vielleicht gar jeden einzelnen Makel? Wisst ihr denn wirklich nicht, was das bedeutet? Warum habt ihr nicht vorher mit mir geredet? Mich wenigstens angehört? Ist da immer noch so wenig Zutrauen zu jener, die sich nun Medica nennt, und die ihr selbst in dieses Haus einludet?
Seht mich doch an, Fürst, ich bin die Frau, die vor sich selbst flieht. Die sich in lange Kutten kleidet, um zu verbergen, welche Wunden die Vergangenheit ihr schlug. Aber greife ich deshalb zu irgendwelchen Tränken, schütte ich deshalb Elixiere zweifelhafter Herkunft in mich hinein? Nein, das tue ich nicht! Vielleicht aus Feigheit, das mag sein. Es scheut der Henker stets das Schlachterbeil. Ich habe wohl selbst zu lange Unaussprechliches gebraut, als dass ich nun noch unbeschwert vom Nektar des Vergessens kosten könnte. So verlockend das auch wäre.
Aber vielleicht ist alles auch ganz anders. Sind so viele Geheimnisse um dieses Haus. Sind so viele Geister, die nicht ruhen. Manchmal wünsche ich mir eine Fackel, stark und licht genug, um alle Ecken dieses Haushalts auszuleuchten. Aber dann – müsste ich wohl bei mir selbst anfangen, nicht wahr? Und das kann ich nicht. Oder will ich nicht. Oder beides.
Ich solle Vertrauen haben, raunte Rodgar. Vertrauen! Auch Lysawyn sprach es aus. Vertrauen. Wie können sie nur so sicher sein? Was gibt ihnen diese Zuversicht? Bin ich denn wirklich die einzige, die zweifelt? Und wenn es so ist, was folgt daraus?
Es werde eine Zeit der Prüfungen kommen, hat Lynne vor ein paar Tagen gesagt. Ist das schon eine davon? Habe ich dann kläglich versagt, weil ich hier sitze und mit den Geschehnissen hadere, weil ich wütend bin und – ja, auf seltsame Art enttäuscht? Ach Lynne, ich wünschte, du wärest jetzt hier. Es ist so vieles unausgesprochen geblieben, ich habe noch so viele Fragen. Und ich ahne, du, vielleicht nur du allein, hast die Antworten.
Der Fremde kommt mir in den Sinn, Cayus nannte er sich. Er lächelte, doch sein Lächeln erreichte seine Augen nicht. Was hat es mit ihm auf sich? Und warum scheinen sich seit seiner Ankunft die Schatten um das Haus noch zu verdichten?
Aber vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein. Sehe Düsternis, wo keine ist. Und so starre ich weiter in die kleine goldene Flamme vor mir, streiche sanft über ihr glühendes Haupt. Das Feuer, es verändert sich in jedem Augenblick, zu jeder Zeit, an jedem einzelnen Tag. So wie dieses Haus. So wie wir alle.
So wie ich selbst.
ooc: *Flämmchen ganz fest umarm*
Hach ja… Die arme Iyrawen… :/
So schön zu lesen, echt bedrückend einsam unser Flämmchen
armes flämmchen *mal ganz doll drück*
*alle zurückflauscht* Wer weiß, irgendwann wird vielleicht auch das verblendete Flämmchen mal dahinter kommen, dass sie so einsam in ihrer neuen Heimat gar nicht mehr ist… 😉