Schlüssel und Schwert

Immerschatten
3. Juni 2008 • Kommentare: 5

„Verstehst du, was ich sagen will?“
Elya dachte nach, lange, zähfließender Brei an Gedanken, kaum formbar. Verstand sie? Vielleicht. Verwirrend war es, der ganze Tag war es gewesen. Die ganzen letzten Tage, jeder einzelne, war es gewesen. Langsam nickte sie angedeutet, hörte sich selbst sprechen.
„Ich glaube… ich glaube schon, ja.“
Antain nickte, wandte sich ab und ging zu ihrer Truhe, holte ein Schwert heraus und hielt es Elya hin.
Das einzige, was es nun zu tun galt, war jenes zu ergreifen.

 
Elya hob die Hand, langsam, fast wie in Zeitlupe, ließ ihre Fingerspitzen über den Schwertknauf fliegen, sich langsam voran tasten. Ihr Blick flog erneut in Antains Gesicht, dann wieder auf das Schwert. Langsam wurden sich ihre Finger dessen bewusst, was sie dort berührten.
„Das wagst du nicht!“ Leise, bedrohlich, von weit, weit her drang ein Flüstern zu ihr. Sie wollte es nicht hören, schüttelt den Kopf um Laiwyn abzuschütteln… wie einen lästigen Gedanken.
Was sie tat, war gefährlich, was sie wusste, war gefährlich. Antains Angebot, ja, es war ebenfalls gefährlich.
„Erelya, ich warne dich!“
 
„…hätte mir meine Gutgläubigkeit mehrfach das Genick brechen können. Aber ich war nie alleine. Deswegen lebe ich. Es ist meine Gutgläubigkeit, die sie zusammenhält. Und ihr Vertrauen, welches mir zu jeder Zeit Schild und Schutz ist.
Noch immer erfühlten ihre Finger den Schwertgriff, ihr Blick floh die Klinge hinauf, wo das Licht sich brach, betrachtete die Verzierungen. Versuchte sie, Zeit zu schinden? Ihre Gedanken rasten – wie auch Laiwyns Zorn.
 
„Ihr – seid nun auch nicht mehr allein, Immertreu.“
Es waren die Worte des Fürsten, welche in ihrem Kopf leise wiederhallten und trotz dessen Laiwyn übertönten, sie beiseite schoben. Ihren Spott, ihr gehässiges Grinsen zweitrangig werden ließen. Es waren Antains Worte, die ihr einen Hauch von Sicherheit gaben in diesem Augenblick; es waren die Worte, des Fürsten, die ihren Fingern den Befehl zum Umfassen des Schwertgriffes gaben; .
Antain löste ihre Hände vom Schwert, lächelte. Stolz? Elya wusste es nicht.
„Es war die richtige Entscheidung.“
Erelya wagte nicht, zu antworten.
 
 
Kurz zuvor, selber Tag.
 
„Gut. Dann sichere Wege. Und auf bald. _Verliert ihn nicht_.“
Hufe zuerst auf Erde, dann Stein, ein Geräusch das sich langsam entfernte. Elya blickte dem Fürsten nicht nach, blieb genau so stehen wie sie es schon seit Minuten tat. Ihr Blick noch immer gerichtet auf den kleinen Schlüssel in ihren beiden Händen, wie ein Schatz lag er gebettet auf dem zerfurchten Leder ihrer Handschuhe. Die Geräusche verstummten, ein leiser Wind zog durch die Schlucht.
Erelya sank an Ort und Stelle langsam auf die Knie, den Blick noch immer auf den Schlüssel geheftet.
„Ich erwarte nicht, euch dort zu sehen, bis es notwendig ist. Aber sobald es das ist – seid ihr dort herzlich willkommen.“
Sie verstand die Welt nicht mehr.
 
 
 

Antain ging die wenigen Schritte zum Bett, hob ihre Klinge wieder auf, schob sie sich in den Gurt, während Elya dasselbe mit der ihren tat.
„Morgen fangen wir mit dem Training an.“ Antain deutet auf Erelyas geschwollene Wange. „Bist du dir sicher, dass du dafür nichts haben willst?“
„Ich werd’s überleben. Es gibt Schlimmeres.“
„Gut, wenn doch, sag einfach Bescheid.“, Einfach…? „Und denk dran, du bist hier willkommen.“ Willkommen?„Du kannst hier her. Jederzeit.“
Das Gespräch verfolgte von dort an einen normaleren Lauf, weniger verwirrend als die Worte zuvor. Elya und Antain verließen das Haus wieder. Vor der Tür blieb sie noch einmal stehen, sah Antain kurz hinterher wie sie durch den Vorgarten ging. Lautlos, leise, keine Spuren hinterlassend. Beeindruckend. Ihre Gedanken flogen zu dem Schlüssel, den sie so nah bei sich trug, sicher versteckt.
_Verliert ihn nicht_.
Eher würde sie ihn herunterschlucken, als dass sie ihn jemandem anderen gab. Antain blieb stehen, wartete einen Augenblick. Elya setzte sich in Bewegung, rannte ihr hinterher, blieb neben ihr stehen und ging den Weg zur Siedlung hinaus knapp hinter ihr her. Sie verließen selbige kurze Augenblicke später, gingen hinaus ins Breeland. An den Mooren vorbei, am gelben Baum vorbei, das kleine Waldstück hinauf, querfeldein in den Abend, der blieb.
 
„Ich weiß, dass Euch das Angst macht. Es ist die letzte Furcht, die Ihr überwinden müsst. Und die letzte, in der Ihr allein seid.“ Leise hatte der Fürst gesprochen in dieser großen Halle; das Knistern des Kamins und das Hallen des großen Raumes, der steinerne Boden – deutlich der Klang, klar die Worte.
 
Stadel war bereits in Sicht. Zu dieser späten Stunde waren die Wildtiere nicht interessiert an zwei Reisenden, die durch ihren Wald liefen. Beide gingen sie leise, kaum ein Ast wurde zertreten, kaum ein Blatt raschelte.
Erelya ignorierte den heißen Zorn Laiwyns in ihrem Bauch, die Schauer, die sie ihr über den Rücken jagte. Leise räusperte sie sich, murmelte ein einziges Wort in die Stille.
„…danke.“
Es galt Antain. Es galt dem Fürsten. Es galt ganz Minas Faer.

  1. Liniath sagt:

    *gänsehaut* wie geil geschrieben Elya 😀 genial … mehr . … das ist woa!

  2. Elyawyn sagt:

    Der ist nur für euch, Antain und Solan! Für die beiden, die Elyas Welt tief in ihren Grundfesten erschüttern und sie aus Laiwyns einstürzenden Burg heraustreiben, um in die offenen Arme von Minas Faer zu laufen.
    Ihr seid alle so klasse, ich find‘ keine Worte. ;___;

  3. Najisa sagt:

    Ich schreib nur hier rein, weil sie mich dazu gezwungen hat! *Dönerwetter anlins* Ne Spass, wirklich wundervoll wie ich dir schon sagte. Ich mag Elya, ich denke, Naji und sie werden sich noch gut verstehen.

  4. Alejandro Salas sagt:

    Jetzt bin ich ja mal gerührt… *schnüff*

    Und stelle darüber hinaus fest – du hast auch mitgeloggt! *g*

    And now for something completly different.

  5. Elyawyn sagt:

    Ich logg den Allgemeinen immer mit :>

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