Frühlingsfeuer

Iyrawen
4. Juni 2008 • Kommentare: 7

Ich bin zurück, zurück in Minas Faer, zurück unter Vertrauten. Und doch ist alles anders.

Der lispelnde, wispernde Frühling hat Einzug gehalten im Hause des Fürsten zu Salas. Überall schmachtende Blicke, gehauchte Seufzer, verstohlene Küsse. Zunder noch einmal, es ist wirklich nicht zum Aushalten! Es wirkt, als sei der gesamte Haushalt mit einem Liebesbann belegt. Und so, wie ich den Fürsten kenne, wäre das gar nicht mal so unwahrscheinlich. Vermutlich ist in meiner Abwesenheit wieder irgend so ein windiger Scharlatan vorbeigekommen und hat mit der eifrigen Zustimmung des Fürsten süßliche Liebestränke unters Volk gebracht. Anders ist das alles nicht zu erklären.

Ich meine, ehrlich…Giselher! Selbst Giselher hat plötzlich erkannt, dass er ein atmendes, lebendes Wesen ist und nicht bloß eine zu groß geratene Pergamentrolle mit der Aufschrift „Pflichtbewusstsein“. Obwohl der Vergleich gar nicht einmal so fern liegt, denn das Objekt seiner Begierde – wie seltsam es klingt, dieses Wort im Zusammenhang mit Giselher aufzuschreiben! – ist Najisa, eine junge Archivarin, die sich dem Haus vor kurzem angeschlossen hat. Sie ist so jung, dass ich mir unsagbar alt vorkomme in ihrer Gegenwart, auch wenn noch keine Falte mein Gesicht zeichnet. Langsam verstehe ich, wie San sich fühlen muss unter uns Menschen. Jedenfalls scheint diese Najisa eine bemerkenswerte Frau zu sein, auch wenn man es angesichts ihres zaghaft geflüsterten Gestotteres kaum glauben mag. Langsam, so unendlich langsam perlten die Worte bei unserem ersten Gespräch aus ihrem Mund, dass ich am liebsten ein munteres Feuer unter ihrem Sitz entzündet hätte, nur um ein klein wenig mehr Leben in die Sache zu bringen! Und doch hat sie es geschafft, Hauptmann Aldorn dazu zu bewegen, auf seinen unvermeidlichen Tee zu verzichten und des Nachts durch die Hügelgräberhöhen zu kriechen. Drei Aufgaben muss der liebestolle Kerl erledigen, bevor er seine Angebetete ehelichen kann, auch das so eine Schnapsidee des Fürsten. Liebesschwüre, Gunstbeweise, Eheversprechen! Vielleicht sollte ich doch so schnell wie möglich wieder zu den wilden Horden nach Schragen reisen, zurück in den Kampf, zurück in das Feuer!

Doch dann wiederum…sei ehrlich zu dir selbst Iyrawen. Spürst du die nadelfeinen Stiche, die dir der taumelnde Liebesreigen versetzt. Dir, die du ihn nicht mittanzt? Schmerzt es, wenn sich das Glück der anderen in ihren strahlenden Gesichtern spiegelt? Ist da vielleicht doch noch eine zarte Flamme, die sich regt, bei dir, die du dein Herz für immer vergiftet, vernarbt und verbrannt glaubtest? Aber ich habe mich entschieden. Ich habe mich entschieden! Ich habe…Nichts Gutes ist je aus meiner Liebe erwachsen, als ich noch wagte zu lieben, vor langer Zeit, in einem anderen Leben. Meine Liebe, sie endete in Tod, Verderben und – Feuer. Nein, es ist besser so. Besser, wenn ich weiter meine Augen, meine Ohren und mein Herz – ja vor allen Dingen mein Herz, diesen kläglichen Klumpen aus Stein und aus Asche – verschließe. Fest verschließe vor dem trügerischen Gefühl, das sie…Liebe…nennen.

Das Nest der Turtelnden, das neue Heim des Haushalts, liegt unweit vor den Toren Brees in einer kleinen Siedlung. Dorthin ist das Fürstenhaus in meiner Abwesenheit übersiedelt. Die Wahl des Fürsten ist auf ein imposantes, mächtiges Gebäude gefallen, das in der Nähe eines Wasserfalls über der Siedlung thront. Ein interessantes Gemäuer, vor allem der Turm gefällt mir. Das Innere allerdings…als ich die Eingangshalle betrat, dachte ich für einen kurzen Moment, ich sei in der Werkstatt eines größenwahnsinnigen Präparators gelandet. Statt edler Möbel wie in Ghosas Feste, die wir so lange nutzen durften, fand sich überall nur – totes Tier. Unzählige Trophäen, mannigfache Beweise menschlicher Eitelkeit. Das Beste, was es über die Einrichtung zu sagen gibt, ist, dass es dort Kamine gibt. Das flackernde Feuer hellte meine Laune ein wenig auf. Vielleicht ist im Turm ja doch noch ein kleines Eckchen ohne staubige Tierkadaver frei. Ansonsten werde ich mir wohl eine andere Schlafstatt suchen müssen.

Und voll des schlechten Gewissens denke ich an Fuhrgut. Er schien um Jahre gealtert, als er mir bei meiner Rückkehr aus Schragen sagte, dass der Haushalt fortgezogen sei. Ich dachte immer, er würde froh sein, mich loszuwerden. Froh, dass nun wieder Ruhe einkehrt in sein kleines Heim. Froh, dass niemand mehr seine Kräutervorräte durcheinander bringt, in seinen Büchern blättert und lauthals schimpft, wenn wieder einmal eine Rezeptur misslingt. Stattdessen reichte er mir mit zitternder Hand ein ledergebundenes Büchlein zum Abschied, in das er mit seiner fein geschwungenen Schrift die wirkungsvollsten Mittel seiner langen Laufbahn als Heiler geschrieben hatte. Ein ganzes Büchlein voller Erfahrung, voller sorgsam gehüteter Geheimnisse schenkte er mir, die ich mit leeren Händen vor ihm stand. Ich konnte nicht anders, ich musste ihn einfach umarmen! Noch im selben Moment wünschte ich, ich hätte es nicht getan, denn dem armen Kerl schien vor lauter Aufregung die Luft wegzubleiben und das Herz stillzustehen. Ach Fuhrgut, ich werde euch vermissen! Ja, wirklich, das werde ich.

Und das ist vermutlich das Netteste, was ich seit langer Zeit über einen Menschen geschrieben habe.

  1. Lynne sagt:

    ooc: Herrlich! Ach, ich liebe euch beide! *hüpf und vor Freude nochmal les* „Überall schmachtende Blicke, gehauchte Seufzer, verstohlene Küsse. Zunder noch einmal, es ist wirklich nicht zum Aushalten!“ *Iyra drück*

  2. Sanguisa sagt:

    Herrin des Feuer! Die Krähe hat mit der Kerze zu reden!

  3. Iyrawen sagt:

    *Lynne zurückflauscht*

    Und ja San, die zwei müssen dringend mal reden! Nicht zu fassen, wie lange sich die beiden nun nicht mehr gesehen haben. Die alte Krähe wird von der Kerze vermisst!

  4. Alejandro Salas sagt:

    Love is in the air?

  5. Alrich sagt:

    Oha Giselher verliert aber auch alles,was er sich hart erknurrte 🙂

  6. Najisa sagt:

    Nicht anzünden! Junge Mädchen brennen so gut. *g*

  7. Elyawyn sagt:

    Junge Mädchen brennen so gut…
    Den merk ich mir, Naji. 🙂
    Und Iar: Sehr schön geschrieben, blog gefälligst öfter! :>

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