Lichter am Horizont.

Nimrothir Izhkarioth
27. Juni 2008 • Kommentare: 0

…die Hand Nimrothirs wandelt oftmals während die Feder die Worte auf das Pergament zeichnet, mal ist sie stürmisch, enthusiastisch, mal ist sie schmal, traurig, melancholisch. Nur sehr wenig scheint ausgestrichen oder neu geschrieben…

23ter Tag des sechsten Monats.

Die Einsamkeit sei nichts Schlechtes. Eine Wunde sei nichts schlechtes – ein Mahlstrom der mich erfasste, erfasste in Zeiten die ich zu vergessen suche, doch in ihrer Anwesenheit nur zu bearbeiten vermag, wieder und wieder schlagen ihre Worte Schneisen in das Dunkel des Schmerzes, der Angst, der Vergangenheit, der Schuld, wieder und wieder scheint die Wärme auf das Eis in mir. Ist es dasselbe Eis wie ich es dort draußen sah? Ist es die Selbe Einsamkeit die in eisigem Winde über das Land jagt? Nein. Die meine ist selbst geschaffen, diese Einsamkeit ist eine falsche.
Ich muss nicht einsam sein, die Tatzen einer Löwin halten mich. Ich muss nicht vereisen, das Fell einer Löwin wärmt mich. Es gibt einen Grund warum das Fell von Löwen so viel kostspieliger ist, als das der Wölfe: Es wärmt besser als das eines räudigen Wolfes.
So ich bei merkwürdigen Tiervergleichen bin und Damares eine Löwin ist, bin ich noch immer der Steppenwolf. Abhängig vom Rudel und doch ihm abgeschnitten, abhängig von Nähe doch diese mit Zähnen und Klauen – die ich auch gegen mich richte – abwehrend.

Nun glaube ich erst vollkommen das Prinzip der Klingen zu verstehen: Wir gehen gemeinsam auf die Jagd, wir gehen gemeinsam gegen die Feinde unseres Rudels, wir halten uns gemeinsam so gut wir können. Ein Löwenrudel, das sind die Klingen in meinen Augen, und so zeigte Damares sie mir.
Nur dumm dass unter den Löwen ein Steppenwolf ist – seine Zähne sind anders als die der Löwen, seine Klauen sind anders. Wölfe strecken dem Überlegenen, Geschätzten, ihre Pfoten und bieten ihnen die Kehle, Löwen tun dies nicht. Noch ist mein Fell grau und verstoben, noch meine Läufe hinkend. Noch.

Es fällt mir schwer, einzuschätzen, was das Bekennen zu Schwäche auslöst. Damares fürchtet ihre Macht sinken, gibt sie sich der Schwäche hin – und sie hat Recht. Ich fürchte mich vor etwas, was mir Sethur im Thema Ehrlichkeit – Offenheit einstmals vorwarf, davor, dass ich den Grundsatz: “Es gibt nichts, was dem Menschen so sehr schmeichelt, wie ein kürzlich erlebtes Unglück oder eine eindeutige Schwäche die man ihnen offenbart.” zu meinem eigenen mache. Ich offenbare. Sie begegnet dem – weise? Ich spüre keine Verachtung, weder in ihren Worten, noch in ihren Blick, Taten. Und doch… noch immer ist das Gefühl das meine, obwohl ich zu lernen versuche auf ihre Kraft zu vertrauen, im Schatten selbiger zu stehen, so wir uns nahe sind.

Es ist keine heimliche Liebschaft, Nimrothir, und ich habe nicht vor es dazu zu machen. Ein Satz der mich, so muss ich zugeben, erstaunt, unbewusst. Unbewusst hielt ich Damares vor, ich schade ihrer Macht, ihrer Achtung, ihrer Würde, ihrem Stand. Tatsächlich kann ich mir nur hier eingestehen, ich glaubte mich, auch wenn ich ihr Gefühl in voller Ehrlichkeit erwidere, erwidere dass ich als miserabler Poet der ich bin Seiten an Worten mit Romantik füllen könnte, als ihr Spielzeug. Ein Liebhaberspielzeug, welches sie weglegt wenn sie eben tut was sie beschrieb und dessen sie sich zu meiner…. Ja, Erleichterung, entschuldigte, und auch entledigte: Im Morgengrauen die Laken zu verlassen.

Die Weisen der Lossoth erzählen, es seien die Seelen der Verstorbenen auf ihrer Wanderung. Auf den Bergen treten sie herab und sprechen zu den Lebenden, ein letztes mal hier verweilend. Eine naive Legende. Was das Nordlicht ist weiß ich nicht, doch die Erklärung Damares’… würde mich den Glauben dieses primitiven Volkes belächeln lassen, doch: Der Ernst ihrer Worte… ich habe es gesehen… ist ein Ernst, den kein “erwachsenes Kind” haben kann, das noch an Legenden glaubt. Ein Ernst, der nur aus der Wahrheit kommen kann. Sie hat es gesehen, ich will es niemals sehen.

Ob auch die deren Leben ihre Stählerne Klaue beendete dort erscheinen, ihr ein Tribunal der Seelen bereiten? Wohl kaum, wer dies einmal aushielte könnte kaum jemals wieder eine Klinge berühren, denke ich.

Des Weiteren nötigt dieses Leben dort Oben, das Leben des Volkes das ich noch Zeilen zuvor als primitiv herabwürdigte – sie leben in Kargen Hütten, aus Eis und Schnee, primitiv in unseren Augen, jedoch zufrieden, doch wir, Söhne und Töchter großer Reiche der Menschen, erfrieren dort fast – mir großen Respekt ab.

Ein Tag der mich zum Nachdenken zwingt bewegt rührt. So ich den Blick über all jene Zeilen schweifen lasse kommt mir eine Gewissheit in den Blick, die ich wohl nie niederschrieb: Du zerrst an meinem Fell, ziehst die Dornen die ich mir zufügen ließ oder selbst zufüge – hinaus, schlägst mich in Worten nieder – damit ich mich aufrichte, forderst meine gesamte Kraft – auf dass sie sich vermehre. Du sagst du begönnest dich zu verlieben? Das tue ich auch. Das tat ich, nun liebe ich.

Wieder zuckt mir Lysander durch den Geist: Der Ersatz? Geklärt, ich vertraue ihr, nicht so sehr ihren Worten, wie der Emotion in jenen – und diese zeigen was es ist. Neu. Sie legte den Schatten wie einen Mantel ab, zumindest einen großen Teil, ich werde es lernen.
Schaden? Liebe bedeutet gleichberechtigung im Gefühl, und solange diese herrscht kann der Schmerz nicht für eine Seite größer sein als für die andere. Wenn sie nicht mehr herrschen würde gebe ich keine Schuld, und habe auch keine. Schmerz – Schaden, gleich sind diese Worte in ihren Bedeutungen, zumindest in diesem Fall.
Was ist dies, Romantik? Nein.

Ich bin ein Steppenwolf. Und werde es sein. Unter Löwen.

Uns ist der Zorn.

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