Die Zeit läuft davon. Ich muß schnell schreiben, ehe ich vergesse. Und vergessen sollte ich nicht, vergessen darf ich nicht. Schreib schneller, Feder.
Es ist draußen gerade mal hell genug um diese Zeilen zu sehen. Zu frühen Stunden wie diesen hört man nichts, außer dem Vogelgezwitscher früher Vögel und Wind. Es ist friedlich um mich herum. Niemand stört.
Meine Frau eröffnete mir einige Überraschungen letzte Nacht. Bedauerlich, daß ich sie derzeit kaum dafür entlohnen kann. Und äußerst frustrierend. Ich weiß nicht, ob sie es in meinen Augen noch sehen kann. Vielleicht tut sie es, jedoch zu schamhaft es zu erwähnen.
Aber was schreibe ich. Das meinte ich gar nicht. Lange ist es nun nicht mehr. Ein Monat. Plus minus ein bißchen, soweit ich das verstehe. Ich kann es kaum mehr erwarten. Und ich glaube, ihr geht es ähnlich. Ich neide ihr das Gefühl dieses kleine Leben bereits so nah zu spüren. Tag und Nacht. Nicht der geringste Abstand. Eine Nähe, die ein Vater so nie kennen wird. Ich kann nur hören. Tasten vielleicht. Und sie teilt so bereitwillig.
Keine Amme also. Zumindest im Moment nicht. Ich fürchte, wir unterschätzen beide die Arbeit um ein Kind. Vielleicht wird es ihr doch alsbald zu viel… Aber wie sonst ihr helfen? Einer Fremden würde sie nie trauen. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir bewußt, daß auch ich es nicht würde. Mir wird es schon schwer genug fallen überhaupt jemandem zu gestatten diesem Kind näher als zehn Schritt zu kommen, der nicht gerade Lynne selbst ist. Und der erste, der vor diesem Kind blank zieht, stirbt. Zumindest darin wird es keine Diskussion geben. Darin sind Er und ich uns bemerkenswert einig. Niemand wird an dieses Kind heran kommen. Jedenfalls, ich sollte Ellena um Rat fragen. Sie ist eine Frau. Vielleicht weiß sie irgendetwas, das mir weiterhelfen könnte.
Verdammt, das war immernoch nicht, was ich schreiben wollte. Wer soll sich auch konzentrieren mit diesem immerstrahlenden Lächeln neben sich? Welcher Mann im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte könnte anders als zurückzulächeln?
Also, auf ein Neues.
Ich habe wieder geträumt. Jetzt würde ich gern diesen Traum in Bildern beschreiben. Aber ausgerechnet das ist mir nicht möglich, denn in diesem Traum war jedes Bild als würde ich durch milchigen Nebel blicken. Ähnlich wie der Blick durch das verlorene Auge ist. Nur eben diesmal auf beiden Augen. Aber das war halb so wild. Denn ich spüre jetzt noch das leichte Gewicht auf meinen Armen. Dicht an meine Brust gedrückt. Und ich spüre das Gewicht ihres Kopfes an meiner Schulter. Ich spüre immernoch die Wärme, obwohl ich nichts davon so kenne, wie ich es erträumte.
Ich darf das nicht vergessen.