Dutybound

Cinlir Winthallan
28. Oktober 2009 • Kommentare: 7

Vor zweieinhalb Jahren…

Die Frage, die Cinlir Winthallan an diesem Abend am meisten beschäftigte, war von allen Fragen, die er sich bisher zu stellen hatte, wohl die mit Abstand am schwierigsten zu beantwortende: Wie machte man einer Frau, die sich soeben gezwungen sah ihn zu heiraten klar, dass man nicht vor hatte auf das erste, älteste und höchste Recht eines Ehemannes nicht zu bestehen gedachte? Und das zu allem Überfluss auch noch so, dass außer Frage stand ob er ihre Ehre kränken wolle, schließlich lag ihm nichts fernen als das.

Zugegeben, der Wein hatte nicht wirklich geholfen den Denkprozess zu fördern. Es war eine Hochzeit. Man hatte getanzt, gegessen, getrunken, geredet, gelacht, gelächelt und irgendwie auf eine Art und Weise, die ihn selbst auch durch den Nebel der Feierlichkeiten überraschte, hatte man bemerkt, dass die Frau, die ihm seit ihrer Geburt versprochen war eben doch kein Kind mehr war, sondern eine Frau. Noch dazu eine Frau, nach der sich wohl jeder Junggeselle im Raum die Finger geleckt hätte und Cinlir gefordert, hätte nicht jeder gewusst wie sinnlos das gewesen wäre. Ihre Reize und Vorzüge waren ihm nicht entgangen. Anfänglich hatte er noch geglaubt, es wäre eben auch nur das gewesen. Allerdings hatte er auch schon andere Frauen fleischlich begehrt. Und mit dieser hier im speziellen war es irgendwie… anders.

Die Haltung, mit der er so nachdachte, war ebenso ungünstig gewählt. Cinlir stand an die Tür des Schlafgemachs gelehnt, die Arme gewohnt locker vor der Brust verschränkt und betrachtete seine Frau, die ihm die gleiche Art Lächeln schenkte, wie er es schon so oft auf den Lippen seiner Mutter gesehen hatte. Interessant wie sich die Perspektive eines Mannes im Laufe seines Lebens änderte. „Wüsste ich es nicht besser, euer Gnaden, ich würde denken, ich stünde zum Verhör.“ Das Mädchen – ihm fiel unweigerlich wieder ein, wie jung seine Frau war, im Vergleich zu ihm – hatte eine ebenso ruhige, beruhigende Stimme wie seine Mutter. Nur jünger. Und es schwang noch etwas anderes mit, das er nicht einzuordnen vermochte, sah man davon ab, dass er es, bewusst oder nicht, anziehend fand. „Wir sind verheiratet.“, warf Cinlir viel zu nüchtern ein und fing sich damit fragende Blicke ein. Er besann sich, erklärte. „Ich glaube nicht, dass wir eine Ehe mit ‚euer Gnaden‘ bestreiten sollten.“ Immerhin. Ihr Lächeln wurde einen Hauch wärmer. Das tat gut. „Dann… Darf ich dich zu mir bitten, Cinlir.“ Die Erziehung des Mädchens zahlte sich also aus. Sollte sie auch nur den Hauch von Furcht haben, ließ sie sich zumindest nichts anmerken. Dafür waren ihre Worte für ihn trotz der Tatsache, dass er eigentlich nichts lieber getan hätte, wie eine viel zu kalte Dusche.

Unzufrieden mit sich selbst über die Tatsache, dass ihm nach wie vor nicht die richtigen Worte eingefallen waren, wandte Cinlir seinen Kopf gen Fenster und starrte hinaus. Er konnte ihren Blick auf sich ruhen spüren. Ihren Blick… Ihren – … Dann fiel ihm ein, wie diese Geste für sie gewirkt haben musste. Sie musste glauben, sie würde ihm nicht gefallen. Also ruckte der Kopf wieder in ihre Richtung. Zu schnell. Ertappt wirkend. Im Moment war er mindestens zehn Jahre jünger. Wahrscheinlich mehr. Er fühlte sich ähnlich überfordert wie bei der ersten Frau, die er hatte. Nur war er damals ungleich jünger gewesen. Und er hatte niemandem auch nur ein Wort von eben jener Unsicherheit berichtet. Besagte Frau wiederum hatte entweder nichts bemerkt, oder schlicht die Güte oder Weißheit besessen niemandem gegenüber etwas zu erwähnen. Jedenfalls soweit es ihm bekannt war.

Wenn er noch lange schwieg, würde die Wahl der Worte egal sein. Es half also nicht. Er musste reden. Und er musste es jetzt tun. „Ihr…“ Nein, falscher Anfang. Er räusperte sich, korrigierte. „Du hast diese Ehe nicht gewollt. Man hat sie dir anerzogen, seitdem du geboren bist. Das weiß ich.“ Gut, der Anfang war wohl nur bedingt schonend. Aber immerhin sah ihn seine neue Frau noch ruhig und aufmerkam an. Und immernoch mit diesem gläsernen Lächeln. „Mit dem Segen der Valar gab man dir einen alten Mann.“ Nur, dass er sich eben so gar nicht alt fühlte. Alt – alt, das waren Leute wie – wie ihr Vater! Er jedenfalls nicht. Aber für sie musste es zweifelsfrei so aussehen. „Und da ich älter bin weiß ich, dass man morgen prüfen wird, ob unsere Verbindung konsumiert wurde.“ Unweigerlich schweifte sein Blick gen Bett. Er hätte sich nie träumen lassen, dass er mal mit soetwas ähnlichem wie Abscheu an eine Nacht mit einer Frau denken würde. Wenn auch nur Abscheu darüber sie vollziehen zu müssen, nicht die Frau selbst. „Da ich älter bin – weiß ich aber ebenfalls, dass es Mittel gibt andere zu den richtigen Rückschlüssen kommen zu lassen…“

Stille. Er hatte die Worte kaum gesprochen, da fragte er sich bereits, welcher Teufel ihn geritten hatte. Sybell war in jeder Form gefällig genug. Warum, bei Mordors Schatten, sollte er sich diese Frau verwehren? Es war sein Recht, seine Pflicht, sein Wunsch! Und nichts und niemand hatte Recht oder Anlass zwischen ihr und ihm zu stehen. Andererseits hatte man sie nicht gefragt. Und mit keinem Wort hatte sie erwähnt, dass sie etwas an ihm fand, was auch sie begehren konnte. Und dieser Umstand ließ ihn stocken. Sollte nicht gerade seine Frau etwas an ihm finden, das man als erstrebenswert, begehrenswert ansehen könnte? Und wenn sie es nicht fand, mit welchem Recht sollte er sich ihr, ausgerechnet ihr, dann aufzwingen?

Das Rascheln des weißen Stoffes riß ihn aus seinen Überlegungen. Ehe er es sich versehen hatte, stand seine Frau vor ihm, sah ihn direkt an. Das Lächeln war verschwunden. Dennoch lag in ihrem Blick eine seltsame Milde, die er so nicht kannte. „Cinlir Winthallan… Mein Ehemann…“, setzte sie an in dieser ruhigen, wohltuenden Stimme. „Man hat uns beide zu dieser Ehe gezogen. Und wir kennen beide die Pflichten, die mit ihr einhergehen. So, wie sie nicht auf ‚euer Gnaden‘ gebaut sein sollte, so sollte sie es auch nicht darauf als ersten gemeinsamen Schritt die Namen unserer Häuser zu verraten.“

Sie war in jeder Form gelungen. Weit mehr, als er es sich bis dahin bewusst gemacht hatte. Denn in diesen wenigen Worten hatte sie eben genau die Worte gefunden, die ihn völlig entwaffneten, ihn an seine Position erinnerten und ihm schlußendlich keine Wahl ließen als Ost Agar nachzugeben. Dies alles tat der Gehalt ihrer Worte. Ihr Klang wiederum ließ ihn ihre Wange berühren, zart wie er noch nie eine Frau berührt hatte, trotz der omnipräsenten Handschuhe. „Lass mich deine Narben sehen…“, hauchte sie ihm entgegen. Ihre geschulte Stimme ließ ihn jede Unsicherheit in ihren Augen übersehen, ließ ihn die leichte Anspannung ihrer Muskeln nicht bemerken. All das Pflichtbewußtsein ihres Blutes. „Ihre Geschichte ist dein.“, erwiderte er kaum lauter als geflüstert.

Es war eine ruhige Nacht. Eine sehr Stille. Er hatte keine Geschichten gehabt, die er ihr hatte erzählen können. Und sie hatte keine Narben gefunden. Seine Lippen hatten ihren Schmerz zu schmälern gewusst. Den Beweis für sein unzweifelhaftes Vorhandensein würden die Diener bald finden.

Er hatte getan, was möglich war. Getan, was nötig war. Und sich nun, an die Decke starrend, damit abgefunden, dass es wohl eben ein sehr professionelle Form von Ehe sein würde. Sah sich damit konfrontiert es so gar nicht zu wollen. Spürte eigenen Schmwerz, den er weder erklären, noch teilen konnte. Schloß schließlich die Augen in Resignation und mit seiner Zukunft ab.

Bis er eine leichte, bleiche, zierliche Hand auf seiner Brust spürte.

  1. Giselher Aldorn sagt:

    Na, auf diese Weise haben wir ja Teil am Leben unserer Fürstin 🙂

  2. Sethur sagt:

    Gefällt mir sehr gut, muss ich mal andeuten 😉

  3. Cinlir Winthallan sagt:

    Ja dann – Arsch ins RP, nich? 😉

  4. Aradil sagt:

    Hey echt toller Blog der arme Cinlir *g*

  5. Cinlir Winthallan sagt:

    *verneig* Ich danke dem Publikum, meinen Eltern, meiner Familie… *schmunzel* Und arme Sybell! *g*

  6. Aradil sagt:

    Du hast vergessen deinem Goldfisch zu danken und dem deinem Imagnären Freunden.

  7. Cinlir Winthallan sagt:

    Goldi! Es tut mir so leid! *weiter der Katze und dem Hund Pogo nachwein*

Du musst eingeloggt sein, um zu kommentieren.