Es kam also, wie ich befürchtet hatte. Makur bat, die Elbe ehelichen zu dürfen. Sie waren töricht genug bereits das Bett zu teilen. Makur sieht ein, dass dies ein Fehler war. Aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Somit erwartet die Frau sein Kind. Eine Frau, mit einer äußerst bewegten Vergangenheit, wie sich herausstellt. Eine ungünstige Verbindung. Ich tat also, was zu tun war: Ich forderte die erste Nacht. Zum Schutz für alle.
Vor Jahren…
Der Krieg war keine schöne Sache. Er war es noch nie gewesen. Cinlir hatte das immer gewusst, bei jeder einzelnen Schlacht, in die er bisher für sein Haus, seinen Namen gezogen war. Und wie jedes Mal zuvor hatte er auch diesmal nicht geblutet. Nur dieses Mal nicht für einen Namen, nicht für ein Haus. Dieses Mal, weil er einen anderen, einen besseren Grund hatte es nicht zu tun. Einen besseren Grund zurückzukehren.
Dennoch saß ihm die Müdigkeit schwer in den Gliedern. Zwar hatte er immer genau das gelernt – Krieg, Kriegskunst – aber das bedeutete nicht, dass sein Körper keine Grenzen kannte. Oder sein Geist, was das anging. Auch dieses Mal hatte er Männer sterben sehen, die er gemocht hatte. Einer von ihnen starb sogar in seinen Armen. Auch dieses Mal kehrten so viel weniger Männer zurück, als ursprünglich ausgezogen waren. Mehr von ihnen nun zu Fuß als ursprünglich, denn nicht nur Männer fielen. Auch Pferde wurden abgeschlachtet – und Gerüchte, der Feind würde sie essen waren nichts Neues. In Mordors Namen, Cinlir wusste, dass auch er ähnliches tun würde, gäbe das Land nichts anderes her. Ein Pferd kämpfte nicht. Soldaten taten es. Wenn es zu entscheiden galt, würde er nicht nachdenken müssen.
Sein eigenes Pferd jedenfalls lebte noch und trug ihn nun, treu, aber müde, Schritt um Schritt weiter nach Ost Agar. Das Scheppern von Rüstungen, Ausrüstungsgegenständen, das Klappern anderer Hufe, die Schritte hunderter Männer auf der Straße und ihr verbrauchtes Stöhnen begleiteten ihn auf jedem Meter. Er hatte sie von hier weg geführt. Und nun brachte er zurück was von ihnen übrig geblieben war. Egal wie gut oder schlecht eine Schlacht, ein Kampf, ein Krieg verlief… Dies waren die Augenblicke, in denen jeder Mann von all dem Blut und den Schmerzen genug hatte. In denen es jeden nur noch nach Ruhe und Frieden sehnte. In denen man sich schwor, man würde nie wieder ein Schwert in die Hand nehmen. Sogar Cinlir Winthallan, auch wenn er sich diesen inneren Eid an sich selbst nicht anmerken ließ. Auch wenn er wusste, dass er ihn wieder und wieder brechen würde.
Die vertrauten Umrisse Ost Agars schälten sich aus den Halbschatten des Morgengrauens. Hinter ihm machte sich soetwas ähnliches wie ein Anflug von Erleichterung breit. Er selbst teilte dieses Gefühl nicht. Wo sie alle her kamen, kehrten nur gebrochene Männer zurück. Manche von ihnen hatten schlicht das Glück schnell wieder zu heilen. Der junge Herzog selbst glaubte an diese Heilung nicht. Nichts hier würde ihn erfreuen können, das wusste er so sicher, wie ihr wusste, dass die Sonne bald aufgehen würde.
Immer weiter trotteten die verbliebenen Männer und Pferde. Und langsam erwachte auch im Inneren der Festung wieder das Leben. Man hörte den ersten Schmiedehammer, sah längst über so manchem Dach Rauch aufsteigen. Der Geruch von Regen lag in der Luft und ließ den Morgen noch ein wenig grauer wirken. Endlich erreichten sie den Fuß des Hügels auf dessen Rücken man Ost Agar vor langer, langer Zeit errichtet hatte.
Cinlir parrierte durch und hob zum ersten Mal seit Stunden den Kopf. Ohne einen Befehl zogen die Männer, einer um den anderen, an ihm vorbei. Als sie hier aufbrachen hätte er das nicht gedulded. Aber nun galt es zu ihren Familien zurückzukehren. Keine Macht der Welt hätte sie aufhalten können. Und er war nicht Narr genug es zu versuchen. Ein Klingen drang an sein Ohr, dass ihn an etwas erinnerte… Etwas, das er nicht hätte vergessen sollen… Etwas, das ihn auf ungekannte Art rührte.
Er erinnerte sich. Sybell. Sybell und ihre Laute. Sie hatte für ihn gespielt, am Abend bevor er auszog. Es war das erste Mal gewesen, dass er sie hatte zurücklassen müssen. Und sie hatte ein Lied gespielt, von dem sie zu berichten wusste, dass sie es bisher niemandem sonst vorgespielt habe. Jetzt aber hörte es eine ganze Festung, wenn man sich in ihrem Inneren die Zeit nahm dem Spiel der Herzogin zuzuhören. Der Herzog draußen tat es, trieb sein Pferd in den Galopp und ließ seine Männer bald schon hinter sich auf dem Weg den Hügel hinauf.
Auf dem Weg nach Hause.
Oh mal interessant die Story von Cinlir zu lesen wenn man die Geschichte von der anderen Seite kennt *grinst* (bezogen auf Makur)
Der Phil, der Collins, der hat auch immer gesagt, jede Geschichte hat zwei Seiten! 😀