Der Wind pfiff durch die roten Haare der Botin und die Feder in ihrer Hand hielt einen Moment über der noch immer leeren Seite still. Sie saß nicht wie sonst um diese Jahreszeit mit einer Decke und Tee in der Hängematte, sondern auf dem Dach eines Hauses.
Hier oben pfiff der Wind nur umso mehr, aber von hier aus konnte sie auch alles sehen. Die leeren Pferdeställe, das steinerne Podest mit der ziemlich rampunierten Säule ganz links, den Garten in welchem sie seiner Zeit Finh aufgelesen hatte, die leeren Hundestallungen beim Wachhaus und noch viel wichtigeres als all das.
Ihr Blick schweifte nach links, blieb an Blumenkästen hängen, deren Inhalt in satter, violetter Blüte standen. Aber das war auch alles was geblieben war, nur der Hauch eines Bilder an Erinnerungen. Sie musste lachen, als sie an den Ausflug in den Eber dachte, daran, dass Bryanne sie selbst schwanger noch zurück gehalten hatte, nicht damals nicht zu vergessen. An den Moment, da Bryanne zu Besuch kam, samt Kind und sie das erste Mal ein solches auf dem Arm gehalten hatte.
Niemals hätte sie zugegeben, dass es sich gar nicht so falsch angefühlt hatte, wie sie auch jetzt noch kund gab, aber sie und Kinder, das passte nicht. Auch wenn es im Grunde eher die Angst vor der Verantwortung und die Tatsache eines möglichen, sehr schnellen Ablebens ihrerseits war, was sie davon abhielt es auch nur zu versuchen. Oder genauer hatte es sie bislang abgehalten, aber jetzt … sie würde es ihm bald sagen müssen und dann würden sie gemeinsam entscheiden . Aber dafür war noch Zeit und mit diesen Gedanken nahm sie einen Schluck aus ihrer Flasche und sah weiter auf das Haus herunter.
Bryanne, sie vermisste diese Frau, die ein wenig wie sie selbst war. Wer weiß was sie alles hätten erleben und anstellen können, hätten sie sich nur früher getroffen. Aber dem war eben nicht so gewesen und so musste sie dennoch herzhaft über jenen Abend lachen, an welchem Ned und Giselher sich das Maul bei einem guten Met über den Bürgermeister zerrissen hatten und sie und Bryanne sich über eben diese beiden zu gut amüsiert hatten, während der Sohn von beiden friedlich alles verschlafen hatte.
Ihr Blick glitt weiter und blieb dann auf dem Haus in der Mitte der Siedlung haften. Sie Gärten davor waren gepflegt und auch das Grab schien man zu bedenken. Er hatte es nach der Feier nicht noch einmal geschafft sich bei ihr zu verabschieden. Ja, diese Feier bei der sie sich anfangs gar nichts gedacht hatte. Zumindest nicht, was sie am Ende wirklich bedeuten würde.
Gut gut, man hatte den Fürsten entführt und angegriffen, alles Dinge die ja noch einma glimpflich verlaufen waren, zumindest aus ihrer Sicht. Und wenn sie nicht zuviel darüber nachdachte, dass ein Elb etwas getan hatte, was … sie schüttelte den Kopf, nein nicht nachdenken, das bischen Verstand was sie noch hatte, brauchte sie und das durfte sie nicht an solche Gedanken verschwenden.
Der Abend ansich war ruhig gewesen, bis zu diesem Moment. Ihrer Meinung nach zu ruhig, aber in eben diesem Augenblick war sie froh gewesen, dass sie eben nicht auf den Metzger gehört hatte und doch nicht so ganz unbewaffnet dorthin gegangen war. Sie lachte rauh und trank noch einen weiteren Schluck. Der Metzger … ein bischen waren sie ja schon gleich, denn wenn sie ihn nicht gebremst hätte und gezwungen sich von ihr behandeln zu lassen, dann hätte er sich gänzlich übernommen. Aber wenigstens konnte sie helfen, wenn sie schon nichts davon verstand ein Kleid zu nähen, dann wenigstens davon, wie man Wunden schloss.
Aber der Metzger … dieser Abend war lustig und nachdenklich stimmend zugleich, aber eines hatte sie erst danach begriffen, er war weg.
Lange lag ihr Blick auf diesem Haus, in welchem sie so oft des Nachts noch eingekehrt war, sei es um ihn zu holen, sei es um etwas oder jemanden zu ihm zu bringen, oder aber weil sie selbst seine Hilfe oder seinen Rat brauchte. Sie musste grinsen, als sie daran dachte, wie er ihr mit Ned helfen wollte und mit einem Veilchen der prächtigsten Blütenart zurück gekommen war. Wie er ihr eine, ach nein mehr als einmal einen Hieb versetzt hatte und das nicht zwingend körperlich und sie würde auch niemals vergessen, wie er auf die Idee gekommen war sie zu küssen um ihr die Unbedeutsamkeit eines Kusses zu verdeutlichen. Wie sehr er sich zusammen gerissen hatte, wenn Ned ihn wegen des Fiebers ihres Mondblutes holen musste und beide Männer unter einem Dach waren oder sogar in einem Zimmer. Das eine Mal, als er sich mit ihr betrunken hatte und all die anderen Male, bei denen eher sie am Ende nicht mehr laufen konnte und er noch immer an seinem ersten Becher festhielt.
Sie habe noch seinen alten Lehrmeister zu dem sie gehen könne, nu da er fort war, so hatte er ihr gesagt, aber das wäre nicht das selbe und tief in sich drinnen wusste sie, dass … nein über soetwas wollte sie gar nicht nachdenken.
In Gedanken klappte sie das Buch zu und erst jetzt bemerkte sie, dass das Papier zwischen welchem zwei ihrer Finger noch klemmten, feucht geworden war. Langsam zog sie diese hervor und betrachtete die rot gefärbte Haut, die Schlieren der aufgelösten Tinte daran.
Sie stand auf und steckte das Buch weg, den Blick von ihrem Standplatz auf dem Dach des nun leeren Stadtratsbüros oben im Turm des Hauses, stehend. Ihr Blick streift die Ferne und ein füchsisches Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen, aber auch in ihren Augen wieder. Wer wusste es schon genau, vielleicht würde es hier irgendwann einen Unfall geben, tragisch, dass dei Stadtwache danach einen neuen Hauptmann brauchen würde … ebenso wie eine neue Botin und wer weiß, vielleicht war danach an den Geschichen der Reisestrecke des Fürstenhauses folgend, doch etwas dran. Dass es grobschlächtige Ehemänner gab, die ihre armen, zierlichen Frauen aus dem Fenster warfen. Vielleicht hatte es eine besondere Bewandnis, als das erste Mal vielleicht Bryanne, Giselher oder Heridan zu Ohren kam, dass man sich über verschwundene Gürtelnieten und … man höre und staune, beim nicht gerade beliebten Vertreter des Stallmeisters sei eine Karte von der Wand verschwunden und … alles auf seinem Schreibtisch sei in der selben Nacht säuberlich nach links und rechts geschoben worden, als wären die Diebe über diesen geklettert um an die Karte heran zu kommen. Auch würde er schwören, der Tisch habe vorher etwas weniger nah bei der Wand gestanden. …. …. … …