Der Regen peitschte ihm ins Gesicht und der heftige Wind machte einen sicheren Stand beinahe unmöglich. Es war gerade mal früher Nachmittag, aber die Wolken hatten den Himmel so dermaßen verdunkelt, dass es ebensogut auch später Abend hätte sein können. Wäre er nicht ohnehin klitschnass würde er schwitzen. Die beiden Schwerter hielt er in seinem eisernen Griff fest umklammert, damit sie ihm nicht vor Nässe aus der Hand glitten. Seine Handgelenke hielt er dabei so locker wie es ihm möglich war, die Augen hielt er konzentriert auf sein Gegenüber gerichtet.
Er umkreiste den Warg langsam, jeden Schritt mit Bedacht und äusserster Vorsicht setzend um auf dem morastigen Boden nicht hinzufallen, was ihn zweifelsohne in eine äusserst unangenehme Situation bringen würde. Der Warg schien diese Probleme nicht zu haben, seine mächtigen Pranken krallten sich förmlich in den Boden, verliehen ihm scheinbar einen äusserst sicheren Stand. Leise, drohend knurrte er, der Blick hellwach und mörderisch. Keiner von beiden schien den ersten Schlag setzen zu wollen, also umkreisten sie sich weiterhin gegenseitig. Natürlich trat ein, was für Kashin am ungünstigsten war: Sein Fuß fand nicht den nötigen Halt und rutschte weg, was ihn dazu zwang seine Deckung aufzugeben und mit den Armen zu rudern, um nicht vollends auf die Schnauze zu fliegen. Als ob der Warg nur darauf gewartet hätte, knurrte er laut auf, rammte die Krallen in den Boden und stieß sich kraftvoll und mit einem lauten Heulen vom Boden ab.
Kashin konnte förmlich beobachten, wie sich jeder einzelne Muskel im Körper des Tieres fast bis zum Zerreissen anspannte, als es mit einer unglaublichen Geschwindig- und Geschicklichkeit auf ihn zuspreschte, das Maul weit aufgerissen und seinen Geifer auf dem ohnehin schon nassen Boden verteilend. Kashin bemühte sich nach einem einigermaßen sicheren Stand und riss die Schwerter rasch nach oben, bevorzugte es aber dann doch dem Sprung lieber auszuweichen. Er rammte den rechten Fuß ins Erdreich und drückte sich kraftvoll vom Boden weg, sprang allerdings nicht so weit, wie er es sich eigentlich erhoffte, denn sein Fuß schien erst nicht so recht vom Boden wegzuwollen. Immerhin reichte es um dem Warg auszuweichen, obgleich die erwünschte Distanz nicht geschaffen wurde. Kashin drehte sich wieder zum Warg und hob die Schwerter. Das Tier hatte statt ihm einen am Boden liegenden Ast erwischt, den es nun knurrend im Maul trug…nur nicht für lange. Es biss einmal kräftig zu und der gut sechs Centimeter dicke Ast brach entzwei wie Spielzeug. Kashin schluckte.
Es dauerte nicht lange, bis der Warg zu einem erneuten Angriff ansetzte, ihm blieb also keine Zeit zum Ausweichen. Er hob die Schwerter, versuchte vorauszuahnen, was der Warg als nächstes tat. Würde er wieder springen oder ihn direkt angreifen. Kashin hoffte stark auf ersteres, und diesmal sollte er Glück haben. Der Warg stieß sich erneut vom Boden ab und riss sein mit rasiermesserscharfen Zähnen bewertes Maul auf. Kashin ließ die Waffen sinken und tauchte unter dem Warg hindurch, drehte sich dabei um und zog eine seiner Klingen über den Bauch der Kreatur, die dies mit einem lauten Fiepen, gefolgt von einem zornigen Knurren registrierte. Der unangenehme Nachteil an seiner Aktion war, dass er nun rücklings auf dem Boden lag, während der Warg, zwar angeritzt, aber dafür sicher mit den Pranken auf dem Boden stand. Der Boden schien Kashin förmlich an sich gesaugt zu haben, er lag tief im Morast eingebettet und konnte nicht so wirklich aufstehen. Währenddessen drehte sich der Warg ruckartig um und lief wieder auf ihn zu. Aufstehen war nicht, also riss Kashin verzweifelt den rechten Arm nach oben um den folgenden Biss abzuwehren.
Das Maul des Warges schloss sich um das dicke Leder seiner Handschuhe, biss mit einer schier unglaublichen Kraft zu. Die Zähne arbeiteten sich durch das Leder und gruben sich tief in sein Fleisch. Kashins Schrei ging im lauten Tosen des Donners unter. Er packte mit der Linken das Schwert und rammte es dem Vieh von unten durch den Kopf. Der Warg riss die Augen auf, sein Biss wurde für eine kurze Zeit noch kräftiger, ehe er erschlaffte und leblos auf die Seite fiel. Kashin keuchte und stemmte das Maul des Biestes auf, befreite den Arm aus den Zähnen und rappelte sich langsam auf. Der Speichel des Warges brannte in der Wunde, die noch dazu nicht schlecht blutete. Er löste seinen Brustharnisch, ließ ihn neben sich zu Boden fallen und riss ein großes Stück stoff aus dem Hemd, das er darunter trug, um es notdürftig um die Wunde zu binden. Leise fluchend legte er den Harnisch wieder an, zog das Schwert aus dem Kopf der Bestie und schnappte sich das andere, welches noch im Morast lag. Langsam machte er sich auf den Weg zurück nach Esteldín… Das roch nach Nähen… Er hasste es.