Au Clair de la Lune

Iyrawen
13. Juli 2008 • Kommentare: 8

Ich sitze an meinen Schreibtisch, fahles Mondlicht erhellt die kleine Turmkammer, spinnt ein Netz aus Silberfäden, in dem sich die Träume verfangen.

Ich habe viele Gespräche geführt in den letzten Tagen. Lange Gespräche. Ich sollte nun ausruhen, doch der Schlaf will nicht kommen. Tröpfelnd verrinnt die Zeit, während ich in die Nacht starre, als seien dort, unter dem hellen Licht des vollen Mondes, tatsächlich Antworten zu finden.

Wie schnell sich die Dinge ändern können. Es ist nicht einmal ein halbes Jahr her, da sprach ich schon einmal lange mit den beiden ehemaligen Freundinnen. Abgrundtief verzweifelt war damals die eine, fieberhaft nach einem Rezept für das Vergessen suchend. Im rauschenden Liebestaumel befand sich die andere, himmelhoch von ihrem Glück jubilierend. Doch die beiden haben längst die Rollen getauscht. Die eine hat ihre samtene Traurigkeit abgelegt und das Feuer entdeckt. Sie weiß es geschickt zu verbergen, doch mich kann sie nicht täuschen, und will es wohl auch nicht. In ihren Augen lodern die Flammen, und sie lodern hell. „Damit er mich findet“, flüsterte sie. Für einen kurzen Moment gelang es ihr tatsächlich, mich damit zu rühren. Und als sie das tat, da…erinnerte ich mich…

Ein Liebespaar, eng umschlungen. Grüner Blick in braune Augen, ein stiller Abschied. Unendlicher Himmel über weiten Ebenen. Goldenes Gras wiegt sich im Wind. Ein Pferd schnaubt. Alles ist so ruhig.
„Komm schnell zurück zu mir“, sprach sie.
„So schnell mich meine Füße tragen“, antwortete er.
Doch als sie ihn brachten, da trugen ihn seine Füße nicht mehr.

Oh nein! Nein! Nein! Nein! Schluss damit! Fort mich euch, ihr schwarzen Gedanken, verschwindet, ihr dunklen Erinnerungen! Das alles gehört nicht mehr zu mir. Ich habe damit abgeschlossen, vor langer Zeit, in einem anderen Leben. Mein Herz aus Asche ist Zeuge.

Und äschern ist nun auch der Weg der anderen. So vieles, was schief gelaufen ist. So vieles, was in so kurzer Zeit verloren ging. Allen voran das Lachen. Nun war sie es, die mich um einen Trank des Vergessens bat. Ähnlich dem, den der Fürst einst zu sich nahm. Doch ich kann einen solchen Trank nicht brauen, ich will es nicht. Nicht mehr. Könnte ich es doch, täte ich es doch, ich wäre wohl die erste, die davon kosteten würde. Aber kein Trank ist ohne Nebenwirkungen, alles hat seinen Preis. Wer alles vergisst, verliert sich selbst. Und wer wüsste das nicht besser als ich.

Vorsichtig öffne ich die kleine Phiole vor mir auf dem Tisch, ein Abschiedsgeschenk, nicht nur für mich, sondern auch von einem alten Leben. Sofort erfüllt der Blütenduft des Sommers die kleine Kammer, ein Hauch flüchtigen Glücks.

So flüchtig wie der Schall, so flüchtig wie der Rauch. So flüchtig wie das helle Licht des Mondes.

  1. Alejandro Salas sagt:

    Foreshadowing! Ich bin auf dieses Gespräch gespannt… >:D

  2. Lynne sagt:

    ooc: Ach, wieder so schön, Iyra! Schreiben kannst du wahrlich… *nickt lächelnd*

  3. Lysawyn sagt:

    Ah schöön…. das mit der Phiole ist schön ausgedrückt „sondern auch von einem alten Leben“ ja… so ist es…

  4. Iyrawen sagt:

    Merci mes chers! Und Iyra ist auch schon sehr gespannt auf das Gespräch mit dem Fürsten… 🙂

  5. Alejandro Salas sagt:

    Hast dich ja heute gedrückt. Aber du sagtest ja was von baldigem Urlaub… *harr*

  6. Iyrawen sagt:

    He, ich drücke mich nicht! Na warte, Fürst! *g*

Du musst eingeloggt sein, um zu kommentieren.