Nachtlager.

Nimrothir Izhkarioth
27. Juli 2008 • Kommentare: 11

…In weitgehender Dunkelheit, nur von einer tropfenden Kerze durchbrochen, ist die Hand Nimrothirs zögerlich, unstet, und wirkt gleichsam vorsichtig…

Warum mag er mir gefolgt sein? Ich halte Sethur, trotz aller paradoxen Bruderliebe, nicht für den Menschen, der dem verhassten Älteren folgt, um Streitigkeiten auszuräumen.

Tag um Tag rinnt der Regen an mir nieder, rinnt an mir hernieder wie die Fragen welche ich mir stelle – und welche Sethur mir stellt, ohne es zu wissen – oder ohne sie auszusprechen.

Ich weiß, er verachtet das Leben um ihn, die Zufriedenheit, all das was zu einer wie er es nennen wird, Herde hinter einem Leithammel gehört – doch wird er meinen Kutscher ermordet haben? Kaum. Caytlin wird ihm genug vermacht haben, einen Bauern aus dem Dienst an einem Söldner auszukaufen. Und doch…

Tag um Tag sehe ich die Bilder an mir vorrübergleiten, ich sehe ihn schreiben, sehe ihn Wort um Wort wieder verwerfen, sei es wenn er den Blick auf mich richtet, seine Lippen Laute formen zu denen sein Geist nicht den Mut besitzt, sodass sie unausgesprochen sterbend verklingen.

Und zuletzt… sah ich den Mann – nein, den Jungen, dem ich Worte der Verachtung entgegen warf – zielend auf die Kälte in ihm, zielend auf seine Verachtung des Lebens – als eben jener der er wohl ist, nicht der, den meine Augen sahen. Als das vorüber gleitende Licht eines Moments sah ich sie, die Tränen von neunzehn Wintern des Schweigens.

Ich hoffe um seinetwillen dass er sich in der Dunkelheit meines Blickes nicht bewusst war, nicht dem kurzen Aufglänzen seiner Hände als er das vormals darin verborgene Antlitz hob. Der Stolz ist, was ihn hält – eine Tatsache, die in der Familie zu liegen scheint.

Ich fühle, wie es mir in den wenigen Momenten der Ruhe gelingt, mich von dem Bild des Steppenwolfes zu befreien – lieben ist dem Steppenwolf nicht möglich. Das Mitleid ebenso nicht. Doch mir.

Und doch zeigt mir die langsam vorüber gleitende Landschaft, karg und leer, oftmals wie sehr ich jenem alten Bild von mir noch gleiche. Sehe Wolke um Wolke am Grau entlang wandern, wie meine blinden Blicke über das Nichts dieser Reise.

Sehe die gebrochenen Läufe des Raubtieres in den toten Augen des beendeten Leben welches mein Kutscher war – merkwürdig ist es, sich in totem Aug’ zu spiegeln, grausam klar scheint dieser Spiegel. Für einen Moment sah ich jene zwei Gesichter die mir zu gehören behaupten. Doch nein, es waren keine zwei, dutzende waren es…

Der Baumeister sah zu Boden, so glaubte ich, der Vater in die Ferne und zurück, der Bruder auf sein Gegenüber, der Mann in Sehnsucht auf die Frau nach der sein Geist sich verzehrt, die Klinge auf das Ende dieser Reise, ihren Hauptmann und den Auftraggeber, der Steppenwolf warf schlussendlich das Haupt hin und her, verbiss sich in das Fleisch meines Geistes dort weiter ruhen zu können.

Verbiss sich der Steppenwolf in meinen Geiste, oder hielt ich ihn selbst an mich gedrückt, in der Angst nichts mehr zu sein, wenn mir dieses durch das was andere das „Gute“ nennen genommen wird, wenn ich es mir selbst nehme? Gibt mir die Liebe zu ihr etwas, oder ist es ein Tausch, ein Geben und Nehmen? Sie gibt mir Gutes, wofür ich anderes fortwerfe?

Nachtmahre solche Gedanken, sinnfrei wie das Ringen um Stiche im Kampf der Worte mit Sethur. Angst vor Veränderung, mehr ist es nicht, und Veränderungen sind im Gange, in mir, um mich, an mir, durch mich vielleicht ebenso.

So nun die Nacht hereinbricht wünsche ich mir Ruhe, meine Gedanken dorthin gehen zu lassen – zu jener, der ich suche eine Nachricht zu überbringen, deren Blick ich sehne, deren fehlende Nähe alles um mich leer werden lässt.

Doch dies scheint mir nicht möglich, wieder und wieder versinke ich in jenen Nebelgeistern von Gedanken um jenen Menschen den ich vor mir selbst niemals wirklich Bruder nennen konnte – nur in Sprache und Schrift.

Wir teilen uns dies Zelt – es ist kalt in diesen Landen, kälter als ich es in Erinnerung habe – er liegt im Schlaf mit dem Rücken an meinem. Dünn ist er geworden, er war es immer, doch es scheint sich in ungesunde Ausmaße zu steigern. Alles in diesem Zelt ist kalt, fast muss ich über mich selbst höhnisch lachen, bei der inneren Notiz, nie wieder einem fahrenden Händler Fellschlafsäcke abzukaufen – ich will ungern wissen, in welchem Winter das Schaf verrottend verendete, welches uns nun unzureichende Wärme zu spenden sucht – es war nicht dieser Winter. Bah.

Doch nun… genug. Der morgige Tag verspricht – wie amüsant – genauso eintönig zu werden, wie der heutige. Ich hoffe, es werden nicht zu viele solcher Tage sein. – Hoffe es um Willen Alejandros, hoffe es im Sehnen nach einem Wiedersehen mit Damares. Und, so ich es mir auch kaum zugestehen mag: Ich hoffe es ebenso, um Sethur zu entgehen.

…Die Kerze brennt herunter, tropft auf das Pergament…

  1. Lynne sagt:

    ooc: Da Nimrothir laut eigener Aussage nicht spannend schreiben kann, spare ich mir das und lese nicht.

  2. constancia sagt:

    Hach Nim… Schön geschrieben… und dreimal gelesen und wartet auf den nächsten teil.

  3. Nimrothir Izhkarioth sagt:

    OoC.: Och Lyyyyynneee… nicht fies sein. Lass mir das bisschen geheuchelte Bescheidenheit – außerdem finde ich wirklich, dass ich nicht spannend schreiben kann. 😛

    Und danke Cony *mal rüberknuddel*

  4. Lynne sagt:

    ooc: *Arme verschränk* Nö, ich les es nicht… pöh.

  5. Nimrothir Izhkarioth sagt:

    ooc. Dann eben nicht… *schnief* Willst du nicht wenigstens ein klein wenig lesen? Der Text fühlt sich sonst so allein… und ich traurig 🙁

  6. Lynne sagt:

    ooc: Glaub ich nicht, ob meine Augen ihn nun antasten oder nicht. Du komm derweil erstmal aus dem Urlaub wieder. Pöh. *theatralischer Abgang, Schnitt*

  7. Nimrothir Izhkarioth sagt:

    ooc. *im „Freeze“ todtraurig hinterherblick… Licht geht langsam aus… ein letztes herzzerreißendes Schluchzen, dann „black“*

    *denk: Kann ich nicht… Flieger geht erst in einer Woche.*

  8. Lynne sagt:

    ooc: *murmel* Wo steckt der überhaupt…? Urlaub. Pah!

  9. Nimrothir Izhkarioth sagt:

    ooc. *telepathisch einwerf* Zur Zeit in Wien…

    und Nim weißt du ja – ach, nee, liest ja den Blog nicht 😛

  10. Lynne sagt:

    ooc: Wien? *Äuglein weiten sich, dann packt sie Nim sacht und schüttelt ihn leicht* Was zum Henker machst du in der Stadt von Morti, Reo und Elmion?

  11. Nimrothir Izhkarioth sagt:

    ooc. Naja, wie gesagt: Urlaub *schmunzelt* Und Familienvisite halten 😉 Eh, wo in Wien sind die? *g*

    PS: Na immerhin meine Kommentare liest du… ich glaube, ich schreibe meine Blogs nun immer als Kommentare 😛

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