Carnevale

Lheonie Levin
11. Juni 2011 • Kommentare: 3

Vor Jahren…

Die Sonne schien hell in das kleine Zimmer und störte die Frau, die in durchwühlten Laken lag, bei ihrem Schlaf. Sie blinzelte, gähnte einmal herzhaft und drehte sich auf die andere Seite, weg von der grellen Sonne, hin zu den warmen Armen, die sie auf der anderen Bettseite erwartete – doch ihr Arm fiel ins Nichts. Halb noch im Reich der Träume gefangen, horchte sie nach Bewegungen der anderen Person im Zimmer, doch das Einzige, was sie hören konnte, waren die Vögel vor dem Fenster. Langsam und schon mit aufkeimender schlechten Laune, öffnete sie nun die Augen. Ihr Blick fiel auf eine zerwühlte wenn auch leere andere Betthälfte. Nein, nicht ganz leer, ein Zettel befand sich auf dem zweiten Kopfkissen.

Teuerste Milli,
Es waren glanzvolle Zeiten, die letzten Tage – und vor allem Nächte – mit Dir. Allein fürchte ich, dass sie nunmehr zu einem Ende kamen. Sicherlich wirst Du verstehen und in ein paar Jahren auch verzeihen, aber die Zeit mit Dir war mir viel zu teuer, um sie unbezahlt zu lassen.
Die Kette Deiner alten Frau Mama wird wohl bald einen anderen, jüngeren Hals zieren, auch wenn ich mir sicher bin Deine Frau Mama wird mir nicht zürnen, gehörte das gute Stück wahrscheinlich nie ihr. Der aufwendig verzierte Kamm wird sicherlich ebenfalls eine Abnehmerin finden. Ich werde darauf achten, dass ihr Name so wohlklingend ist wie ich mir den Deinen vorstelle.
Vergiss mich nicht. Ich bin zuversichtlich wir sehen uns irgendwann wieder. Bis dahin allerdings verzeih, dass meine Gedanken anderen Damen gelten werden.
– Alejandro –

Der Zettel, der in seiner Art und Weise unschuldig für den Inhalt des Briefes war, flog in Ballform im hohen Bogen gegen die nächste Wand, begleitet von lauten Flüchen der jungen Frau, deren Gesicht nun rot vor Zorn war.

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Vor Wochen…

Die Sonne schien hell in das kleine Zimmer und half der Frau dabei sich ausgiebigst im Spiegel betrachten zu können. Nah an die Spiegelscheibe gepresst, betrachtet sie ihre Augen und eine Welle der Dankbarkeit überkam sie, als sie sah, dass sich ihre Augenringe, welche durch die vielen schlaflosen Nächte in letzter Zeit hervorgerufen waren, in Wohlgefallen aufgelöst hatten. Als sie ihren hölzernen Kamm vom Tisch nahm, erinnerte sie sich wehmütig an den wunderschönen silbernen Kamm welcher einst das Boudoir von der Gräfin von Rothvalen und danach ihr eigenes Zimmerchen zierte. Ein lautes Klopfen störte ihre Gedanken…

„Fräulein Martha, was ist mit der Bezahlung für das Zimmer? Ihr seid schon drei Wochen im Rückstand. Habt Ihr endlich die Sendung von Eurem Onkel bekommen?“ schalte die Stimme ihrer Vermieterin durch die Tür.

„Ja, Frau Dornbach. Ich wasche mich nur gerade. Ich gebe Euch das Geld gleich danach.“

„Ist gut, Kindchen. Dann wartet ein gutes Frühstück unten auf Euch.“

Die junge Frau verzog den Mund und hörte zu, wie sich die Holzpantinen ihrer Vermieterin entfernten. Dann warf sie in windeseile all ihre Habseeligkeiten in ihren Reisebeutel und öffnete das kleine Fenster, welches zum Garten des Hauses ging. Erst landete ihr Bündel im sorgsam angelegten Blumenbeet von Frau Dornbach, dann die junge Frau. Sie schulterte es und huschte über das Gras von dannen, ihr Magen knurrte noch einmal zum Abschied im Gedenken an das Omlett, welches nun ohne gegessen zu werden erkalten würde.

  1. Cinlir Winthallan sagt:

    Aber Holz steht dir doch auch viel besser, findest du nicht?

  2. Fianah sagt:

    Woah! So ein Schwein! ^^

  3. Gwaethil Eglainion sagt:

    Willkommen im Verein, Teuerste!

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