Bluttag: Erinnerungen

Drakon Meroun
28. Juli 2011 • Kommentare: 5

„Nochmal!“

Drakon flog nach hinten und stand wankend auf. Tränen wollte der 10 jährige Junge schon lange nicht mehr weinen.

„V-Vater…ich kann nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr, ich kann dir nicht mehr ausweichen. Meine Hände bluten, ich weiss nicht mehr wie ich…

Ein unvermittelter Schlag mit dem Übrungsstock auf seine Hände ließ ihn zusammenzucken und auf die Knie gehen. Das Schreien hatte er schon lange aufgegeben.

„Für deine Aufgabe, Sohn, wirst du mehr Bluten müssen als alle anderen. STEH AUF. UNS IST DER ZORN“

Es ging weiter…

Lucan sah zu Faradur und hob die Braue, auf den 14 jährigen Drakon deutend, der hochgradig betrunken in der Ecke lag.

„Bruder…bist du sicher, dass diese Methode für deinen Sohn die Beste ist?“

Faradur nickte bekräftigend

„Natürlich. Wenn wir ihn rufen, wenn er feiert, muss er selbst mit viel…sehr viel Alkohol noch seinen Pflichten nachkommen können. Niemals wird ein gebräu ihm seine Handlungen entziehen. Somit geht auch eine Entschuldigung, die er vielleicht irgendwann mal formulieren will.“

Lucan nickte sacht.

„Klug.“

Lächelnd trat Drakon auf seinen Vater und Lucan zu.

„Vater, Lucan, wir haben die Schlacht geschlagen! Keine Verluste, die Klingen haben einmal mehr ihren Wert bewiesen! Uns ist der Zorn!“

Lucan sah zu Faradur…und Faradur dann zu seinem Sohn.

„Es ist Zeit, Drakon. Deine Aufgabe beginnt.“

Das Lächeln des 17 jährigen Jungen verblasste.

„Was…meint ihr?“

Faradur deutete inrichtung Horizont.

„Fhenta und Tredorik haben die Schlachtreihe verlassen. Sie sind geflohen. Du wirst sie suchen. Und ihnen einen Bluttag bereiten.“

Drakons gesicht entgleiste.

„Vater! Fhenta hat mir gestern das Leben gerettet und Tredorik hat Damares das Le…“

Eine schallende Ohrfeige brachte Drakon zum Schweigen und ließ sein Gesicht zu einer gefühlslosen Maske werden.

„Du, mein Sohn, wirst jetzt aufbrechen und unsere Brüder ihrer gerechten Strafe zuführen. UNS IST DER ZORN“

Drakon neigte den Kopf…und wandte sich ab.

„Drakon?“

Der vierunzwanzig Jahre alte Mann sah sich um. Es war Ghontarmir, der ihn rief. Ghontarmir blieb unvermittelt stehen. Die Augen des Mannes waren kühl, Herzlos, ohne Gefühl. Er schüttelte sich. Jeder vo dieser Einheit wusste, mit welchen tödlichen Aufträgen dieser Mann von der Klingenführung beauftragt wurde. Man mied ihn, da man genau wusste, was er tat. Und alle wussten sie, dass es nötig war. Ghontar beneidete ihn nicht um diese Aufgabe, ihm aber gut zusprechen, konnte er auch nicht.

„Falaryn und Cenderon sind …weg. Sie haben die Truppe bei Morgengrauen verlassen. Ihnen muss ein Bluttag bereitet werden.“

Drakon musterte den Mann. Und neigte schlussendlich den Kopf. Dann ging er los.

Ghontarmir sah ihm nach, während Felderir zu ihm trat.

“ Er ist…einfach so gegangen?! Er und Cenderon haben Seite an Seite uns alle vor dem sicheren Tod bewahrt! Angesicht der Übermacht, der wir gegenüberstanden hätte ich auch die Flucht ergriffen, hätte Drakon nicht an meiner Seite GEWACHT, ich sage dir, er hat kein Auge zugemacht. Ich war nichtmal sicher, ob er Atmet! Diese ganzen Gerüchte, die um uns ranken. Ich sage dir, dieser Mann LEBT nicht mehr! Wer hätte auch ahnen können, dass die Verstärkung an diesem Morgen eintreffen würde. Und ich dachte, gehört zu haben, dass er Falaryn liebt?!“

Ghontarmir nickte nur, seinen Bruder wehleidig ansehend.

„Ich glaube, er liebt sie auch. Aber hier hast du ein erstklassiges Exemplar einer Blutklinge. Für ihn gibt es nur eine Wahrheit. UNS IST DER ZORN.“

Falaryn und Cenderon liefen über die Ebene. Sie waren erschöpft und machten eine Pause um Luft zu holen. Cenderon blickte sich um und seine Augen weiteten sich.

„Das gibt es nicht. Wie konnte er uns so schnell folgen?!“

Falaryn folgte seinem Blick und schlug die Hände vor den Mund. Tränen stiegen auf. Sie konnte die Silouette von Drakon klar erkennen. Wie gestern schien es ihr, wie er Funken von Emotionen in ihrer Nähe gezeigt hatte, vorsichtig auf sie eingegangen war und gelächelt hatte, was sie bisher nie bei ihm gesehen hatte. Und dann waren sie aus Angst fortgelaufen…und er war ihnen gefolgt.

„Kein Wunder, dass ihn Perlon als „Klingenschlächter betuschelt hatte, der gute Drakon ist aber auch echt hartnäckig, dass muss ich ihm lassen. Schwester. Fliehe. Laufe weiter. Ich kümmere mich um ihn“

Falaryn sah ihren Bruder entgeistert an.

„Bist du wahnsinnig, Cenderon?! Du bist ihm im Kampfe nicht gewachsen, mach dir nichts vor! Lass uns auf ihn warten, vielleicht können wir mit ihm reden!“

Cenderon schnaubte und schüttelte den Kopf.

„Mit dem Klingenschlächter?! LAUF, Schwester, LOS!“

Sie lief.

Cenderon stand auf, als Drakon vor ihm stand, beide Schwerter in den Händen. Er musterte ihn und schüttelte schnaubend lachend den Kopf.

„Du Monster. Bist du eigentlich noch ein Mensch, Drakon Meroun?! Du willst mich, deinen Bruder töten, weil ich fortgelaufen bin? Du willst die Frau, die du liebst töten, weil sie mich begleitet hat? Was bist du; Drakon Meroun? Kommst du aus den Kerkern Minas Morgul?!“

Drakon bewegte sich auf ihn zu und Cenderon kam nur noch dazu sein Schwert zu ziehen. Das erste Schwert blitzte auf und schoss auf sein Schwert. Das andere hebelte es in fast dem gleichen Moment weg…und schon weiteten sich Cenderons Augen, als wiederrum das andere Schwert ihn durchbohrte. Die kalte Stimme Drakon Merouns war das letzte, was er hörte.

„Ich bin eine Klinge. Uns ist der Zorn.“

Weit war sie nicht gekommen. Sie konnte nicht mehr. Sie zog beide Kurzschwerter und wandte sich am Baum um in die Richtung, aus der sie gekommen war. Und ja, da war er auch schon. Seine Silouette hätte sie aus tausenden erkannt. Tränen begannen, ihr Gesicht hinabzuströmen, als sie merkte, dass er alleine war..und eine dickflüssige Flüssigkeit von seinem Schwert tropfte. Als er sie erreicht hatte, stellte sie sich in eine Defensivstellung…und brüllte ihn an

„Wir hatten ANGST! Hättest du uns GESAGT, das die Verstärkung am Morgen eintreffen würde, WÄREN wir nicht geflohen! Mir hat es das HERZ zerissen, weil ich dich LIEBE! Ich fürchtete, du würdest STERBEN! Und wie dankst du mir deine LIEBE?! Du tötest meinen Bruder und MICH wirst du auch töten?!“

Drakon nickte und sie schrie auf. Dann wetzte sie auf ihn zu und bedrngte ihn mit den schnell geführten Kurzschwerten. Sie war eine formidable Kämpferin und das wusste sie auch. Nicht umsonst war sie teil der Klingen gewesen. Aber nach kurzer Zeit wusste sie, dass sie gegen den Mann nichts ausrichten konnte. Seine Deckung war perfekt und seine Verteidigung ließ keine Lücken erkennen. Nach einer Ewigkeit war sie vollkommen aus der Puste…und Drakon schien nicht einmal wirklich angestrengt zu sein. Er sengte die Waffen und sah zu ihr.

„Drakon…warum tust du, was du tust?! Waren wir nicht deine Geschwister? Sind wir nicht deine Geschwister? Haben wir nicht zusammen den Tod gesehen und noch mehr? Wie kannst du es vor dir Verantworten, uns umzubringen?“

Drakon trat auf sie zu. Sie wich zurück.

„Verrat heißt Tod. Uns ist der Zorn.“

Der Baum war ihr im Weg. Als er noch näher trat legte sie sich das Messer an den Hals. Er erstarrte.

„Was ist, Drakon Meroun? Kannst du es nicht ertragen zu sehen, wie die Frau, die du liebst, sich das Leben nehmen könnte? Sage mir bitte, was passiert hier?! Warum musste Cenderon sterben?! Warum soll ich sterben müssen?! Lass uns fliehen. Lass uns irgendwo leben. Kinder haben, sie nach Cenderon benennen und glücklich sein. Fernab von Krieg, Leid und Tod…“

Er rührte sich nicht. In ihrem Herzen keimte Hoffnung. Sollte sie ihn mit diesen Worten erreicht haben?

Dann ging es blitzschnell. Sein Schwert hob sich, einem Blitz gleich und sie spürte nur zwei kleine Stiche in jeder Hand…und das plötzliche Taubgefühl in beiden. Sie ließ die Kurzschwerter entsetzt fallen, ihre Augen weiteten sich und sie sah zu Drakon. Das andere, noch nicht von Blut befleckte Schwert drang in sie ein. Sie keuchte auf, Blut schoss in ihren Mund und Drakon trat auf sie zu. Keine Träne floss, kein Schmerz war in seinen Augen zu sehen. Nur das kühle, emotionslose Gesicht der Klinge war vor ihr. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Wange…und seltsamerweise war einer ihrer letzten Gedanken, das Klingen, zumindest diese Klinge, wohl doch zu atmen schien.

„Verräter nehmen sich nicht selbst das Leben. Ihre Geschwister nehmen ihnen das Leben. Denn uns ist der Zorn für ihren Verrat. Lebe wohl Schwester. UNS IST DER ZORN.“

Tod sank die Falaryn nieder. Und im Mondenschein starrte Drakon auf ihre Leiche. Die Schwerter locker in seinen Händen nach unten gerichtet, tropfte das Blut von ihnen und vereinte sich zu seinen Füßen.

Das Blut seiner Geschwister, die er so sehr geliebt hatte.

So sehr geliebt, wie vorher wenige.

Doch er war eine Klinge.

Und den Klingen war nur eines.

 

Der Zorn.

  1. Cyrah sagt:

    Sagte ich einmal, dass ich diese Texte immer wieder lesen könnte? *ergriffen dreinguck*

  2. Giselher sagt:

    *blinzel* Kein Wunder! Wir haben alle eine Queste: Drakon beibringen, dass Familie nicht immer durch seine Hand sterben muss *Tränen wegwisch*

  3. Cinlir Winthallan sagt:

    Klinge sein ist hart… Cinlir wäre stolz. Irgendwie.

    Aber sind ja nicht alles Verräter. Ein paar bleiben leben. 🙂

  4. Sybell sagt:

    Hab zwar noch nicht fertig lesen können, da auf der Arbeit denn es kommt nicht so gut hier herum zu schniefen *hüstel*

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