Es war die richtige Entscheidung fort zu gehen. Ich konnte endlich einmal meine Gedanken nur mir widmen. Überlegen was ich heute tun möchte, überlegen was ich morgen tun möchte. Ich genieße es mich ausgiebig zu bewegen und zu reisen. Es hält mich nicht nur an einem Orte, nein ich bin mal hier, mal dort und versuche auch neue Leute kennen zu lernen.
Wie sehr wird mir doch bei der Reise bewusst, wie wenig Menschen und Elben ich eigentlich kenne. Ich habe mich fast nur innerhalb der Sippe bewegt. Meine Ohren und Augen gingen selten weiter hinaus als bis zur Sippe. Doch bemerke ich stets, wie ich über meine Sippe schwärme wenn ich mit anderen Leuten rede. Wahrscheinlich ist es immernoch der Ruf der Aufgabe in mir, Kontakte zu knüpfen und die Sippe bekannter zu machen.
Aber schlimm ist dies doch nicht oder? Wie könnte ich meine Gedanken gänzlich lösen. Ich liebe ihn zwar, aber wenn ich irgendwann von ihm los kommen könnte, würde ich ihn trotzdem als respektvollen ehrenhaften Fürsten zu schätzen wissen wollen und… und ich hoffe auch als Freund.
Ich habe nun in diesen Tagen zwei Elben kennen gelernt. Der erste, der erste ist ein seltsamer interessanter Elb. Die Begegnug die ich mit ihm hatte war mysteriös. Zuerst lernte ich ihn vor einigen Wochen in Bree kennen. Er fiel mir durch seine edle gepflegte Rüstung auf, die mir sofort ins Auge fiel! Nur wegen dieser Rüstung sprach ich ihn damals an und sagte ehrlich, wie begeistert ich von seinem Geschmack (von seinem Reichtum habe ich natürlich nicht geredet, die Rüstung muss Schweineteuer gewesen sein) bin. Er bedankte sich und stellte sich als Taruil vor. Er ist ein sehr ruhiger besonnender Elb, redet nicht viel, zeigt nicht viel von sich selbst.
Nun.. seitdem sah ich ihn nicht wieder, bis auf gestern in Esteldin. Nur! Sein Gesicht erkannte ich zuerst nicht, mir fiel schon wieder die Rüstung auf und ich drehte mich zu ihm um. Erst dann erkannte ich sein Gesicht und sprach ihn erneut an, dass ich wieder von seiner edlen Rüstung geblendet wurde. Diesmal kamen wir länger ins Gespräch und ich erzählte von Minas Faer, vom Fürsten und von meiner Reise, dass ich etwas Abstand bräuchte und gerne neue Leute kennen lerne. Auch er erzählte von seiner Sippe. Er war tatsächlich in einer Zwergensippe, die ihn einst freundlich aufnahm.
Am Folgetag verabredeten wir uns zu einem Rundgang in Thorins Hallen. Er zeigt mir auch das Haus seiner Sippe, sein eigenes Haus auch. Ich zögerte etwas mit ihm in sein Privathaus zu gehen. Aber er sah nun auch nicht wirklich gefährlich aus. So ging ich mit und war ebenso überrascht. Sein Privathaus wie auch das Sippenhaus sind sehr schön, gemütlich und edel eingerichtet. Der Elb muss wirklich viele Heldentaten vollbracht haben. An jeder Wand, in jeder Ecke hängt eine Trophäe von irgendwelchen großen bösen Wesen, von denen ich noch nie im Leben gehört hatte. Auf jedenfall waren einige Trophäen wirklich hübsch, andere schlicht weg ekelhaft aber auch fastzinierend. Im Sippenhaus stand sogar ein großer Bottich mit Wasser und einer toten … nun ja.. sie sei tot meinte der Elb. Eine leblose Tentakel. Nur.. Nur, mich schüttelt es jetzt schon wieder, bewegte und zuckte die Tentakel stets noch etwas. Es war gruselig.
Auch war ich überrascht von seiner Freizeitkleidung. Er trug in der Siedlung natürlich keine Rüstung, das war ja auch nicht nötig. Doch seine Freizeitkleidung war genau sehenswert und edel. Taruil ist ein hochgewachsener hübscher, edler Elb. Ich glaube dieses Volk überrascht mich immer wieder. Die einen Elben sind sehr redselig, die anderen sehr ruhig und andere wiederum sehr kühl und abweisend.
So einen habe ich heute nämlich in Bree getroffen. Eigentlich wollte ich nicht mehr nach Bree zurückkehren, aber die Sehnsucht nach meiner Sippe rief mich. Doch ich habe keinen gesehen. Das war auch gut so. Ich sollte nicht schwächeln, ich sollte weiter für mich da sein und mich selbst finden. Und so traf ich einen Elb namens Cerain. Er war sehr kühl, abweisend zuerst. Aber als ich mich freundlich vorstellte, taute er etwas auf und meinte nur freundlich, dass er gerade nicht viel Zeit hätte, sich aber auf ein weiteres Wiedersehen freuen würde. Also bei diesen Worten war ich wirklich stolz auf mich. Hab ich doch einiges von Salas gelernt. Dieser ganzen Diplomatenkram war doch sehr nützlich. Wenn man freundlich war, die richtigen Worte wählte und die richtigen Antworten, dann konnte man stets jeden besänftigen.
Ich reiste dann weiter nach Bruchtal. Durchforstete meinen Briefkasten. Doch bisweilen keinen persönlichen Brief erhalten. Nicht mal die Sippe schrieb mir. Von Alejandro sollte ich auch keinen Brief erwarten, aber die anderen… Ich vermisse sie. Ich mag sie alle sehr. Es ist schwer nicht einfach wieder zurückzukehren. Doch wenn ich dies tun würde. Würden wieder alle Gefühle hochquellen und es fing wieder von vorne an.
Ich muss einfach zugeben, ich fühle mich freier, gelassener. Die Entfernung tut gut, die Gedanken fangen an zu verblassen, die Gefühle fangen an zu schlafen. Es wird immer besser. Doch was ist wenn ich meine, ihn überwunden zu haben und dann kehre ich wieder zurück? Ist es dann wirklich so? Kann ich dann einfach seine Blicke, seine Stimme ertragen? Kann ich dann sagen, ich liebe ihn nicht? Wie kann ich so etwas einfach sagen? Ich muss jemanden wie ihn finden, jemanden dem ich mein Herz widmen kann. Oder ich entscheide mich, wie San einst sagte, mein Herz niemanden zu widmen. Dies wäre sehr einfach, es wäre nur eine Entscheidung. Die Entscheidung das Herz bei sich zu lassen und sein eigenes egoistisches Leben zu führen.
Also habe ich nun die Wahl: Ich kehre zurück, wenn ich mein Herz einen anderen gewidmet habe. Oder ich kehre erst dann zurück, wenn ich entschieden habe, mein Herz für alle Zeit bei mir zu lassen.
Das sind zwei gute erlösende Wege. Doch welchen wähle ich? Nun, ich habe noch etwas Zeit. Ich werde die Zeit haben zu überlegen und weiter durch die Landen zu streifen.